Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-SR) beriet am 12. November 2020 über die Frage, ob für die Einführung der „Ehe für alle“ in der Schweiz eine Verfassungsänderung erforderlich sei. Äusserst knapp, mit 7 zu 6 Stimmen, beschloss die Kommission, dass zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare keine Verfassungsänderung notwendig sei.

Die Kommission plädierte damit für die Eheöffnung auf dem Gesetzesweg und trat auf die vom Nationalrat verabschiedete Vorlage (13.468) ihrer Schwesterkommission ein. In Bezug auf die Verfassungsmässigkeit wies die Kommission darauf hin, dass das Recht zur Ehe in der Bundesverfassung (Art. 14 BV) historisch gesehen als Abwehrrecht gegen Ehehindernisse religiösen oder wirtschaftlichen Hintergrunds im kantonalen Recht ausgestaltet war. Der Gesetzgeber werde damit verpflichtet, das Institut der Ehe so zu regeln, dass die Inhaberinnen und Inhaber des Rechts auf Ehe auch Zugang dazu hätten. Die verfassungsmässige Ehefreiheit verbiete es dem Gesetzgeber jedoch nicht, die im Zivilgesetzbuch verankerten Merkmale der Ehe dahingehend zu ändern, dass die Ehe auch Personen gleichen Geschlechts offenstehe.

Sechs der anwesenden Ratsmitglieder widersprachen diesem Ansinnen und beantragten die Zurückweisung der umstrittenen Vorlage, verbunden mit dem Auftrag, eine Kommissionsinitiative für eine verfassungsrechtliche Grundlage zu ergreifen. Sie wiesen darauf hin, dass die Verfassung auf einem traditionellen Begriffsverständnis der Ehe basiere und die Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare deshalb zuerst auf ein verfassungsmässig tragfähiges Fundament gestellt werden müsse, bevor die „Ehe für alle“ auf Gesetzesstufe umgesetzt werden könne. Ein derart wichtiges gesellschaftspolitisches Anliegen wie die Eheöffnung müsse aus verfassungsrechtlicher Sicht sowie aus demokratiepolitischen Gründen Volk und Ständen unterbreitet werden.

Im Rahmen der Detailberatung plädierte die Kommission mit 8 zu 1 Stimmen bei 3 Enthaltungen für eine gegenüber der Version des Nationalrates präzisere und differenziertere Regelung des Zugangs zur Samenspende für lesbische Ehepaare. Insbesondere soll den Auswirkungen der Gesetzesänderung auf das Kindesverhältnis mehr Rechnung getragen werden. Die neue Formulierung umfasst laut der Kommission notwendige Anpassungen im Fortpflanzungsmedizingesetz. Dem Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung soll besser Rechnung getragen werden, indem die Vermutung der Mutterschaft der Ehefrau nur bei der Samenspende und nicht generell eingeführt wird. Ebenso wird die Anfechtungsklage bei der Samenspende ausgeschlossen. Die von der SRK in der Gesamtabstimmung mit 7 zu 1 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommene Vorlage wird voraussichtlich in der kommenden Wintersession im Ständerat beraten.

Die Stiftung Zukunft CH sieht in der Eheöffnung inklusive Samenspende für lesbische Paare eine problematische Entwicklung, insbesondere in Bezug auf das Kindeswohl. Dass die alleinige Kenntnis der Abstammung das Aufwachsen bei leiblichen Eltern nicht ersetzen kann, wird durch Forschung und langjährigen Erfahrungen aus dem Pflege- und Adoptivkindbereich hinreichend belegt.

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Quelle: www.parlament.ch