Mehr als die Hälfte der 11- bis 13-Jährigen hat schon Pornografie gesehen, davon Mädchen fast so häufig wie Jungen. Von den 14- bis 17-jährigen Jungen konsumieren 21 Prozent täglich und zusätzlich 50 Prozent mehrmals wöchentlich Pornografie. Trotzdem wird in der Schweiz der zerstörerische Einfluss von Pornografie heruntergespielt und selbst namhafte Jugendorganisationen beteiligen sich aktiv daran.

Ein Kommentar von Regula Lehmann

„Es hängt von deinen Entscheidungen und deinem Verhalten ab, ob Pornografie dir schadet oder nicht“, schreibt Pro Juventute auf seiner Beratungsseite. Als ob sich junge Menschen unbeschadet Szenen „reinziehen“ könnten, die von Beziehung völlig gelöste, menschenverachtende und unrealistisch überzeichnete sexuelle Handlungen zeigen. Zudem macht Pornografie Kinder zu Opfern: Manche pornosüchtigen Erwachsenen brauchen immer stärkere Kicks und vergreifen sich dafür auch an Kindern. Der neu erschienene Film „Gefangen im Netz“ dokumentiert, wie schnell und skrupellos Kinder auf Internetplattformen sexuell angegangen werden.

Doch obwohl all diese Fakten bekannt sind, bagatellisieren viele Experten und Fachstellen die zerstörerische Wirkung pornografischer Filme noch immer. Der mit Pornografie verbundene Menschenhandel wird weitgehend ignoriert oder es wird behauptet, die meisten Pornodarstellerinnen würden sich freiwillig erniedrigen und misshandeln lassen. Die Tatsache, dass viele dieser Frauen und Männer Opfer krimineller Machenschaften sind, wird kurzerhand unter den Tisch gewischt.

Dies muss nicht verwundern. Pornografie ist inzwischen für viele ein Bestandteil des eigenen Sexuallebens und zudem ein lukratives Geschäft, auf dessen Erträge man nicht verzichten will. In einer Gesellschaft, der ausser der „heiligen Selbstbestimmung“ nichts mehr heilig ist, wird der Kinderschutz, sobald es um Eigeninteressen geht, sträflich vernachlässigt. Ein Beispiel dafür liefert die im Parlament diskutierte Revision des Sexualstrafrechts, in der allen Ernstes vorgeschlagen wird, Gewaltanwendungen in pornografischen Filmen für straffrei zu erklären. Während in der gleichen Revision härtere Strafen für Vergewaltigung oder Missbrauch gefordert werden, soll gefilmte sexuelle Gewalt legalisiert und dadurch banalisiert werden.

Als Stiftung haben wir diesen Vorschlag mit einer Vernehmlassungsantwort scharf kritisiert. Die Idee „einvernehmlicher Gewaltausübung“ ist nicht nur absurd, sondern gemein- und jugendgefährdend. In
einer Zeit, in der die Übergriffe unter gleichaltrigen Minderjährigen massiv ansteigen, stellt die Banalisierung von sexueller Gewalt bei Pornografie nicht nur ein falsches Signal, sondern auch einen Verrat am Kinder- und Jugendschutz dar. Wenn die Schweiz der „Seuche Pornografie‟ jetzt nicht den Kampf ansagt, wann dann?