Die Rechtskommission des Ständerats hat Vorschläge zu einer Revision des Sexualstrafrechts in die Vernehmlassung geschickt. Zukunft CH hat sich mit der Vorlage befasst und festgestellt, dass die vorgeschlagenen Änderungen sich teilweise widersprechen oder im Bereich Jugendschutz gravierende Mängel aufweisen.

Von Regula Lehmann

Während beispielsweise die Strafen für sexuelle Übergriffe zu Recht verschärft werden, soll die Darstellung sexueller Gewalt aus den strafbaren Inhalten gestrichen werden, sobald es um Pornografie geht. Ebenso wird vorgeschlagen, dass das Erstellen und Versenden pornografischer Inhalte bei Minderjährigen straffrei sein soll, wenn dabei kein Geld fliesst und der Altersunterschied der Beteiligten nicht mehr als drei Jahre beträgt.

Angesichts der massiven Zunahme sexueller Straftaten, die von Minderjährigen begangen werden, müssen solche Vorschläge entschieden abgelehnt werden. Der Schutz der Unversehrtheit von Kindern und Jugendlichen muss stärker gewichtet werden als das Ideal einer sexuellen Selbstbestimmung, die aufgrund der noch fehlenden Reife schlicht und einfach eine Illusion ist. Eindeutig festgehalten werden muss auch, dass sexuelle Gewalt in jedem Fall eine strafbare Handlung darstellt und geahndet wird. Die zunehmende Vergewaltigungskultur an Schulen und im Jugendbereich kann nur mit einer eindeutigen Gesetzgebung wirksam bekämpft werden.

In den meisten Punkten sind die von der Rechtskommission des Ständerats vorgeschlagenen Änderungen des Sexualstrafrechts durchaus sinnvoll. Dass erwachsene Personen sowie insbesondere auch Minderjährige durch das Gesetz besser vor sexuellen Übergriffen geschützt werden, ist eine zentrale Stossrichtung dieser Revision. Zukunft CH begrüsst deshalb die in der Revision vorgeschlagenen Strafverschärfungen, wie beispielsweise die Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bei sexuellen Handlungen mit Kindern.

Kritisch sind jedoch die Änderungsvorschläge zu Artikel 197 zu sehen. Diese stehen in teilweise starkem Gegensatz zum Rest der Vorlage und tragen dem Schutz der sexuellen Integrität sowie der seelischen Gesundheit von Erwachsenen und Minderjährigen zu wenig Rechnung. Die Integrität von Kindern und Jugendlichen umfassend zu schützen und ihnen eine ungestörte sexuelle Entwicklung zu ermöglichen, muss höchste Priorität haben. Die sexuelle Selbstbestimmung Minderjährige höher zu gewichten als deren Schutz geht an der Realität vorbei. Erfahrung, Hirnforschung und Entwicklungspsychologie zeigen in aller Deutlichkeit, dass eine Mehrheit der Minderjährigen noch nicht die innere Stabilität und Reife besitzen, welche die Grundlage für selbstverantwortliches Handeln und ein tatsächlich selbstbestimmtes Ausleben von Sexualität darstellen. Pornografische Inhalte werden laut Studien von vielen Minderjährigen zur Aufklärung sowie als Vorgabe für das eigene Sexualleben genutzt. Das häufig vorgebrachte Paradigma, Minderjährige könnten zwischen unrealistischer Pornografie und Realität unterscheiden, widerspricht der Praxiserfahrung und unterschätzt das immense Sucht- und Gewaltpotenzial von Pornografie. Schwächere Kinder und Jugendliche, die bereits Grenzüberschreitungen erlebt haben, können zudem aufgrund ihrer Vorgeschichte in vielen Fällen weder Nein sagen noch sich wehren.

Die Stiftung Zukunft CH hat in einer Vernehmlassungsantwort vom Mai 2021 klar auf diese kritischen Punkte der Revision hingewiesen. Lesen Sie unsere gesamte Stellungnahme im Wortlaut: Vernehmlassungsantwort Sexualstrafrecht Zukunft CH