Der Kieler Sexualmediziner Hartmut Bosinski kritisiert den Gesetzesentwurf des Schweizer Bundesamts für Justiz, dem gemäss schon Kinder, die lieber dem anderen Geschlecht angehören würden (Diagnose Geschlechtsdysphorie), ihren Geschlechtseintrag ohne ärztliche Begutachtung ändern können sollen. Bezogen auf Kinder und Jugendliche bis ca. zum 16. Lebensjahr sei er sehr skeptisch, erklärte Bosinski auf Anfrage von Zukunft CH. „Nachweislich entwickeln sich ca. 75 Prozent der Kinder nach der Pubertät ohne Fortbestehen der Geschlechtsdysphorie,“ gibt der Experte zu bedenken. In einer Änderung des Geschlechtseintrages ohne jegliche Diagnostik und psychotherapeutische Auslotung des zugrundeliegenden Konflikts sehe er darum zwei Gefahren: „Einerseits kann sie den Weg ebnen für eine hormonelle und/oder chirurgische Umwandlungsbehandlung, die mit zahlreichen Risiken und Nebenwirkungen belastet und insbesondere irreversibel ist.“ Anderseits fühlen sich laut Bosinski, auch wenn es nicht zu einer körperverändernden Behandlung kommt, viele Kinder oder junge Jugendliche durch einen solchen geänderten Geschlechtseintrag dazu verpflichtet, in der nun anderen Geschlechtsrolle zu bleiben, auch wenn sie sich innerlich von ihrem Transitionswunsch gelöst haben. Der Ständerat hat die umstrittene Vorlage im Juni 2020 gutgeheissen. Der Nationalrat wird das Thema im September behandeln.