Die Nationale Ethikkommission scheint zunehmend ihre Fahne in den Wind des Zeitgeists zu hängen. Obwohl sowohl die Spenderinnen als auch die Empfängerinnen von Eizellen hohen, gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind, sprach sich eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder für eine Legalisierung der umstrittenen Fortpflanzungsmethode aus.

Ein Kommentar von Regula Lehmann

Rund 400 Paare aus der Schweiz reisen laut offiziellen Zahlen jährlich ins Ausland, um dort eine Eizellenspende in Anspruch zu nehmen, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sen. Es handle sich um eine Frage der Gleichbehandlung und falls wir das nicht erlaubten, seien Schweizer Paare seien gezwungen, ins Ausland zu gehen“, so lautet das Märchen, das von Befürwortern einer immer grenzenloseren Fortpflanzungsmedizin bei jeder Gelegenheit erzählt wird.

Diese Behauptung ist jedoch nicht nur falsch, sondern stellt den Rechtsstaat an sich in Frage. Gesetze dienen dem Gemeinwohl sowie dem Schutz der Schwächeren und sind dazu da, eingehalten zu werden. Niemand, wirklich niemand wird gezwungen, sich im Ausland zu beschaffen, was in der Schweiz aus guten Gründen verboten ist. Dass die nationale Ethikkommission zunehmend zeitgeistkonforme Entscheide fällt, gibt zu denken, denn gerade von dieser Kommission sollte man den Mut erwarten, der Kommerzialisierung und Ausbeutung des Menschen ein entschiedenes Nein entgegenzusetzen. Wenn eine Mehrheit der Ethikkommission dies nicht mehr tut, wer dann?

Glücklicherweise gibt aus noch immer Wissenschaftler, die den Mut aufbringen, das „Recht auf ein Kind“ in Frage zu stellen. In der Tagesschau vom 23. August 2022 führte Sozialwissenschaftlerin Laura Perler, aus, weshalb sie zum heutigen Zeitpunkt einer Legalisierung der Eizellenspende kritisch gegenübersteht. Als an der Uni Bern tätige Forscherin setzt sich Perler seit mehr als zehn Jahren mit der Eizellenspende auseinander. Die Ungleichbehandlung von Samenspende und Eizellenspende ist aus Perlers Sicht gerechtfertigt, weil Samenspender keine Risiken eingehen, während die Eizellenspende mit hohen gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Auf die Frage der SRF-Moderatorin, ob es nicht besser sei, wenn Paare in der Schweiz Eizellenspende beanspruchen könnten, weist Perler darauf hin, dass der Reproduktionstourismus dadurch ja nicht aufhören, sondern nur die Richtung wechseln würde. Dies, weil davon auszugehen ist, dass nach einer Legalisierung ausländische Paare in die Schweiz reisen würden, um hier Eizellenspende in Anspruch zu nehmen.

Auch dem Argument, es sei doch besser, wenn Frauen, die in Armut leben, Eizellen spendeten, statt zu hungern oder sich zu prostituieren, kann Perler wenig abgewinnen. „Ich glaube, es ist die falsche Frage, wenn wir mit noch schlechteren Konditionen vergleichen“, so die Sozialwissenschaftlerin. Es gehe doch darum, gute Bedingungen zu schaffen, damit Frauen einer Arbeit nachgehen können, die ihnen gefalle.