Wenn an den Massnahmen zur Eindämmung der seit Anfang Jahr grassierenden Pandemie Kritik geübt wird, kommt regelmässig auch die Weltgesundheitsorganisation ins Spiel. Wurde die WHO über Jahrzehnte als zuverlässige Gesundheitshüterin betrachtet, verliert sie seit einiger Zeit zunehmend an Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Dies nicht nur wegen Corona.

Von Regula Lehmann

Kurz nach dem Beschluss von Donald Trump, die Beiträge an die Weltgesundheitsorganisation drastisch zu kürzen, äusserte auch Brasiliens Präsident Bolsonaro der WHO gegenüber massive Bedenken. „WHO ermutigt Kinder zu Masturbation und Homosexualität“, wird Bolsonaro in der deutschen Bild-Zeitung vom 1. Mai 2020 zitiert. Bolsonaros Berater Arthur Weintraub hatte zuvor getwittert, es gehe in Empfehlungen der „WHO Standards für Sexualaufklärung in Europa“ darum, dass „Kinder zwischen null und vier Jahren über ‚Masturbation‘, ‘Befriedigung und Lust‘, ‚das Berühren des eigenen Körpers‘ und ‚die Gender-Ideologie‘ unterrichtet“ würden.

Was aus Sicht der Bild-Zeitung zur abgedrehten These erklärt wurde, sollte jedoch nicht unbesehen ins Lager der Verschwörungstheorien abgeschoben werden: Wer die „WHO-Standards für Sexualaufklärung in Europa“ studiert, trifft auf Empfehlungen, die auch laut der deutschen Sexualwissenschaftlerin Karla Etschenberg wissenschaftlich umstritten sind (Etschenberg ist u.a. Autorin des Buches „Sexualerziehung kritisch hinterfragt“). In der Literaturliste der Standards wird beispielsweise gleich mehrmals Theo Sandfort aufgeführt, der 1986 in Deutschland ein Buch mit dem Titel „Pädophile Erlebnisse“ veröffentlicht hat und in den Niederlanden zu den Sexualwissenschaftlern gehört, die „einvernehmlichen“ Sex mit Kindern befürworten.

Dass die WHO zudem weltweit in teilweise fragwürdige Projekte involviert war, zeigte Anfang 2020 auch eine Dokumentation des Medienunternehmens Arte über den Frauenmangel in Asien. Die WHO beteiligte sich laut verlässlichen Quellen massgeblich an Programmen zur Bevölkerungskontrolle, welche u.a. die Förderung von Abtreibung beinhalteten und damit Wasser auf die Mühlen der unseligen Ein-Kind-Politik Chinas leiteten. Weil Söhne bevorzugt waren, wurden Mädchen schon fast systematisch abgetrieben. Heute werden in asiatischen Ländern kleine Mädchen entführt, weil besorgte Eltern sich schon frühzeitig eine Ehefrau für ihren Sohn sichern wollen.

Auf der Hand liegt: Je grösser Organisationen werden, desto unübersichtlicher werden sie und desto mehr Macht wird ihnen zugestanden. Dass „gross“ nicht automatisch „glaubwürdig“ oder in jedem Fall tatsächlich „dem ganzheitlichen Wohlergehen des Menschen verpflichtet“ bedeutet, zeigt das Beispiel WHO stellvertretend für viele andere auf. Alles zu prüfen und nur das Gute zu übernehmen oder zuzulassen, ist deshalb nach wie vor die Aufgabe und Verpflichtung mündiger Staatsbürger und Politiker.

Handfeste Gründe dafür, der WHO im Bereich Sexualerziehung kritisch auf die Finger zu schauen, liefern auch die beiden Infodossiers „Wenn nur sexuelle Lust übrigbleibt“ und „Analyse Sexualpädagogik“ von Zukunft CH. Download: Wenn nur sexuelle Lust übrigbleibt / Analyse Sexualpädagogik