Aus Jungen Männer und Väter zu formen, ist eine wichtigsten Aufgaben in unserer heutigen Gesellschaft. Jungen brauchen Väter, die ihnen als Vorbilder dienen. Doch was sind väterliche Eigenschaften? Eine Frage, die in unserer vaterlosen Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Von Ralph Studer

In das Wesen des Mannes ist das Vatersein, die Väterlichkeit, hineingeschrieben, und zwar unabhängig ob als Familienvater, Lehrer, Mentor oder geistlicher Vater (wie z.B. Priester und Ordensleute). Diese väterlichen Eigenschaften gilt es in Erziehung und Pädagogik herauszukristallisieren und zu fördern, damit Jungen zu einer starken Identität finden, zu Persönlichkeiten heranreifen und das Väterliche erleben und verinnerlichen können. Gerade das Väterliche ist unserer Gesellschaft grösstenteils abhandengekommen und vergessen gegangen. Deshalb ist die Frage aktueller denn je: Was macht wahre Vaterschaft aus?

Die schönste Aufgabe auf dieser Welt

Die Autoren Daniel Plassnig und Philipp Karasch schreiben in ihrem Buch „Träumer, Kämpfer, Gentleman – eine Männerfibel‟ hierzu: „Er ist lebenspendender Erzeuger, hingebungsvoller Ernährer, mutiger Beschützer, weiser Lehrer und respektvoller Mentor.‟ Eine treffende Umschreibung für eine der schönsten Aufgaben auf dieser Welt. Ein so verstandenes Vatersein basiert in erster Linie auf aufrichtiger Liebe zur eigenen Frau und zu den Kindern und beinhaltet eine klare Absage an ein selbstbezogenes, ich-süchtiges Leben. Vatersein ist per se auf die ihm anvertraute Familie gerichtet und ist durch Hingabe und Ausdauer charakterisiert: Liebe, die aufs Ganze geht, die von der Sorge um andere, das Schenken von Geborgenheit und Nähe, das Beschützen, das Verteidigen und das Sich-Hinopfern gekennzeichnet ist. „Du darfst ihm [Jungen] gehen, Rad fahren, schwimmen beibringen. Abends wirst du dir kindliche Abenteuer anhören und anschliessend Drachen unter dem Bett verscheuchen. Du wirst trösten, ermutigen, fördern und lachen. Manchmal musst du streng sein, immer darfst du wissen, unbedingt gebraucht zu werden. Und das Wunderbarste: Du kannst mit Deinen Kindern beim Spielen und Abenteuer-Erleben wieder ein kleiner Bub sein!‟, so die Buchautoren.

Vertrauensvolles Verhältnis

Gemeinsame Zeit mit dem Sohn, liebevolles Leiten und Begleiten sollen dem Vater ein Herzensanliegen sein. Nicht ein Vater aus der Ferne, sondern ein Vater, der physisch und emotional anwesend, seinen Jungen ein starkes Gegenüber ist und die Jungen ins Leben, in die Welt hinausführt. Ein Vater fordert und fördert, erlebt Abenteuer mit den Jungen und stärkt ihr Selbstvertrauen.

Die Liebe des Vaters zu seinem Sohn zeichnet sich auch durch grossen Respekt vor dem Wesen des Sohnes, seinen Interessen und seines Charakters aus. Nicht die Wünsche des Vaters, was der Sohn werden bzw. sein soll, leitet eine gesunde Vaterschaft, sondern den unbedingten Willen, die Stärken und Talente des Sohnes zur Entfaltung und Schönheit zu bringen.

Etwas vom Wichtigsten blieb noch unerwähnt: Die Beziehung von Vater und Sohn soll auf einem unerschütterlichem Fundament von Vertrauen basieren, Vertrauen, das es dem Sohn leicht macht, auch bei schlimmsten Verfehlungen und mit wichtigen Fragen zu seinem Vater zu gehen und ihm sein Herz auszuschütten bzw. um Rat zu fragen. Am Vater liegt es, ein solches vertrauensvolles Verhältnis zu seinem Sohn aufzubauen und mutig mit ihm über alles zu sprechen, auch wenn es noch so schwerfällt. Vor allem im Bereich der Sexualaufklärung ist es zentral, dass der Vater seine Verantwortung seinem Sohn gegenüber aufrichtig wahrnimmt, sonst wird diese sensible Aufgabe zwangsläufig von Internet, Schule und Mitschülern übernommen.

Leben wir die Vaterschaft

Auch wenn wir vielleicht selbst in unserer Jugend kein gutes Vatervorbild hatten, sollen wir unser Ideal von Vaterschaft nicht schmälern. Aus den Fehlern unserer Väter sollen wir lernen und uns anspornen, wahre Vaterschaft zu leben und es in unserer Erziehungsaufgabe besser machen zu wollen.

Literaturtipp: Plassnig Daniel/Karasch Philipp, Träumer, Kämpfer, Gentleman – eine Männerfibel, Wolff Verlag 2020.