Immer häufiger müssen Schweizer Eltern ihre eigenen Kinder wegen gewalttätigen Angriffen auf sie selber bei der Polizei anzeigen. Wie aus einem Bericht der Zeitung „20Minuten“ hervorgeht, ist dieser Trend während den letzten Jahren im gesamten Schweizer Mittelland zu beobachten. Besonders unter antiautoritärer Erziehung oder überforderten (Patchwork-) Eltern sei die Gewaltbereitschaft der Kinder erhöht.
Bis zu 14 Prozent aller Eltern würden heute von ihren eigenen Kindern mindestens einmal tätlich angegriffen, sagt Franziska Beer von der Luzerner Fachstelle Kinderbetreuung. Dieser Befund sei durch mehrere Studien belegt – Dunkelziffer nicht berücksichtigt. Die Kinder würden versuchen, durch physische und psychische Gewalt Macht über ihre Eltern zu gewinnen.

Das gleiche Bild zeigt sich in Zürich und Basel: „In den letzten vier Jahren hat die Zahl von Anzeigen gegen die eigenen Kinder erkennbar zugenommen“, erklärt etwa Beat Burkhardt, leitender Jugendanwalt in Basel-Stadt. Laut Peter Kunz, Leiter der Erziehungsberatung Biel-Seeland, zeigen viele Eltern ihre Kinder aus Hilflosigkeit und Überforderung an. Weil sie selber keine Autorität haben, suchten sie eine externe Autorität bei der Polizei.

Der Aargauer Jugendanwalt Hans Melliger hat Erfahrung: „Gewalt von Kindern gegen ihre „Eltern“ kommt oft in Patchworkfamilien vor, beispielsweise gegen den Stiefvater.“ Ein konkretes Beispiel solcher Kindergewalt liefert Franziska Beer: Weil der 13-jährige Sohn nicht mit der Familie am Tisch essen will, schlägt er seinen Vater mitten ins Gesicht und beschimpft ihn aufs Übelste. Und dies sei nur eine von vielen Szenen, welche die Fachstelle Kinderbetreuung wöchentlich zu hören bekomme.

Quelle: „20Minuten“, 14.1.2010