Am 9. September 2021 hat das Abstimmungskomitee „Nein zur Ehe für alle“ einen offenen Brief an Bundesrätin Karin Keller-Sutter geschrieben. Der Grund: Die Politikerin beruft sich bei ihrer Argumentation zur Abstimmungsvorlage „Ehe für alle“ auf veraltete und dürftige Studien. Die Initianten fordern einen Widerruf im Bundesbüchlein.

Nachfolgend der offene Brief im genauen Wortlaut:

Sehr geehrte Frau Bundesrätin

In der für den 26. September 2021 vorliegenden Abstimmungsvorlage „Ehe für alle“ ist das Kindeswohl ein zentrales Thema. Sie haben in den Medien und vor dem Parlament mehrfach ausgeführt, dass das Kindswohl absolut nicht vom Geschlecht abhänge, sondern allein von der Zuwendung und Liebe von Eltern egal welchen Geschlechts. So beispielsweise an der Pressekonferenz vom 22. Juni 2021, im Rahmen derer Sie wie folgt zitiert wurden: „Studien zeigen, dass für die Entwicklung der Kinder nicht die Familienkonstellation entscheidend ist, sondern die Fürsorge und die Zuwendung, die sie in der Familie erhalten.

Die Abstimmungsbroschüre behauptet zudem auf Seite 28 bei der Marginalie „Kindswohl bleibt gewahrt“: „In der Schweiz wachsen bereits heute Kinder in Familien gleichgeschlechtlicher Paare auf. Diese Konstellation wirkt sich nicht nachteilig auf ihre Entwicklung aus, wie Studien zeigen.“ Dann erfolgt ein Verweis auf eine Fussnote 1). Dort wiederum wird auf die NEK-Stellungnahme Nr. 32 zum Thema „Samenspende“, Seite 20 verwiesen. Geht man genauer nachschauen, ist die Studienlage, auf welche Sie und die NEK sich für diese gewichtige Aussage den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern gegenüber berufen, äusserst dürftig und veraltet.

Sie berufen sich auf ein von der Verwaltung bestelltes Gutachten aus dem Jahr 2012: Simoni: „Sozialwissenschaftliche Grundlagen zu den Konzepten ‘Kindeswohl, Familie und Elternschaft‘ im Fortpflanzungsmedizingesetz“. Ausserdem sind Artikel aus dem Jahr 2005 (Tasker) und 2010 (Brown) zitiert. Das heisst: Sie berufen sich für die Beantwortung dieser gewichtigen Frage auf wenige, zudem veraltete Studien mit viel zu kleinen und nicht repräsentativen Stichproben (convinience samples statt random samples). Die neuste Forschung, welche durchaus zur Verfügung stehen würde, lassen Sie einfach unberücksichtigt. Diese würde nämlich anderes aussagen!

Wir bitten Sie höflich: Widerrufen Sie diese Aussage im Bundesbüchlein öffentlich oder Sie gehen sofort daran, diese weiter zu fundieren. Wir bitten Sie dringlich, Ihre Grundlagen so rasch als möglich öffentlich zugänglich auf den Tisch zu legen.

Gemäss unserer Überzeugung sind Kindeswohl-Fragen sehr gewichtige Argumente. Viele Stimmende sind nur für die Vorlage, wenn nachweislich das Kindeswohl auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren garantiert ist. Das mag im Einzelfall gelten, statistisch gesehen berichten die neuesten Studien aber von psychischen, psychosozialen und schulischen Problemen, welche bei Kindern, die in sog. „Regenbogen-Familien“ aufgewachsen sind, in einer bis vierfach so hohen Wahrscheinlichkeit auftreten. Ebenso findet man mehr sexuellen Missbrauch bei Kindern von gleichgeschlechtlichen Paaren etc., etc. Da die neuesten Studien mit repräsentativen Stichprobenauswahlen gemäss unserer Einschätzung eindeutig zeigen, dass das Kindeswohl bei gleichgeschlechtlichen Eltern statistisch gesehen gefährdet ist, muss dies den Stimmenden klar kommuniziert werden.

Mit der Bitte um Kenntnisnahme und der Aufforderung zum Handeln, grüssen wir Sie freundlich

Verena Herzog, Nationalrätin, Co-Präsidentin Abstimmungskomitee „Nein zur Ehe für alle
Daniel Frischknecht, Kantonsrat, Abstimmungskomitee Co-Präsident „Nein zur Ehe für alle