In Zeiten, in denen nichts mehr definitiv sein muss, fürchten auch immer mehr Menschen, sich ewige Liebe zu versprechen. Doch so verlieren sie nur.

Von Giuseppe Gracia

Kürzlich sagte der Deutsche Paartherapeut Christoph Uhl in den Medien: „Wir leben in einer Zeit der Rückgabe-Garantie.“ Damit meinte er nicht nur, dass wir im Internet Dinge kaufen, die wir problemlos zurückgeben können. Er meinte, dass heute viele Leute mit dieser Haltung auch ihre Beziehungen leben. Beziehungen, die nur unter Vorbehalt eingegangen werden. Dabei dominiert die Angst, etwas Besseres zu verpassen.

Man fürchtet, dass einem nicht nur die besseren Produkte, die schöneren Jobs oder die cooleren Partys durch die Lappen gehen, sondern auch die besseren Partner. Wie soll man zu einem Menschen ganz Ja sagen können, wenn man davon ausgeht, dass irgendwo da draussen vielleicht eine bessere Partie wartet? Irgendwo da draussen kann alles Mögliche warten. Aber diese Vorstellung ist keine Grundlage für eine stabile Beziehung.

Liebe mit Rückgabegarantie, so etwas gibt es nicht. Der anhaltende Vorbehalt, die laufende Angst, etwas zu verpassen: Das führt in die Einsamkeit. Aber aus welchem Grund haben heute vor allem junge Menschen offenbar diese Angst? Ist die Qual der Wahl so gross, dass man meint, es sei besser, sich überhaupt nicht mehr festzulegen? Lieber abwarten und schauen, was sonst noch so geboten wird im digitalisierten Raum der Dauerchancen und Oberflächenreize? Steckt das dahinter? Oder geht es am Ende um ein falsches Verständnis von Freiheit?

Der moderne Mensch sagt sich: „Je mehr Auswahl ich habe, je mehr Möglichkeiten, desto freier bin ich.“ Das ist irgendwie logisch, wenn man Freiheit als Summe seiner Optionen betrachtet. Dann muss man schauen, dass man möglichst viele Optionen offenlässt, dass man sich nicht festlegt. Das führt aber in die Irre. Im Wesentlichen ist Freiheit nämlich kein äusserer Vorgang, sondern ein innerer Zustand. Frei ist nicht, wer viel Auswahl hat, sondern frei wird, wer die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Entscheidungen, die ihn auch frei von sich selbst machen.

Wer es in Beziehungen wagt, einen Menschen ganz zu lieben und sich darin selber zu übersteigen, herauszukommen aus der Enge des bloss Eigenen, der kann frei sein und Glück erfahren. Oder mit den Worten einer buddhistischen Weisheit: „Bindung und Freiheit sind sich in der Liebe kein Feind. Denn Liebe ist die grösste Freiheit und doch die grösste Bindung.“

Diese Kolumne erschien zuerst im „Blick“.