Während es in Europa alle 28 Sekunden eine Abtreibung und alle 30 Sekunden eine Scheidung gibt, verhält es sich in Kroatien ganz anders. Die Abtreibungsquote ist in dem Balkanland von 1985 bis 2005 um 91,1 Prozent zurückgegangen. Zudem ist Kroatien der einzige europäische Staat, in dem die Anzahl der Familien mit mindestens drei Kindern zunimmt.
Andrea Mazzi, Mitglied der Vereinigung „Gemeinschaft Papst Johannes XXIII“, der sich um die Dienstleistung „schwierige Mutterschaft“ kümmert, erklärt, dass er sich im Sommer nach Kroatien begeben habe, um „ein fast einzigartiges Phänomen zu untersuchen, d.h. den starken Rückgang der Anzahl der Abtreibungen, und dies trotz eines Gesetzes, das nicht verändert worden war, und noch heute in starkem Ausmass die Abtreibung gestatten würde („Zenit“, 3. Oktober 2008): Kroatien hat ca. 4,5 Millionen Einwohner. Das Gesetz über die Liberalisierung der Abtreibung stammt aus dem Jahr 1952, als noch das kommunistische Regime herrschte. Die letzte Massnahme zur Neuordnung der Materie bildete das „Gesetz über die Familienplanung“ von 1978, welche vom kroatischen Staat nicht angepasst wurde, als man die Unabhängigkeit erlangte. Aufgrund dieses Gesetzes ist die Abtreibung im Wesentlichen frei während der ersten zehn Schwangerschaftswochen. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Genehmigung durch eine Kommission aus Ärzten und sozialer Fürsorge erforderlich, welche die Motivationen beurteilt, wie z.B. die Probleme für das Leben und die Gesundheit der Mutter, Missgestaltung des Kindes oder Zeugung durch Vergewaltigung.

Die freiwillige Abtreibung erfolgt fast immer innerhalb der öffentlichen Strukturen oder auch auf privater (autorisierter) Basis, und zwar gegen Bezahlung: Sie kostet ca. 1000 Kune (ca. 140 €), ein Betrag, der ungefähr der Hälfte des mittleren Salärs einer Frau entspricht. Was die Häufigkeit der Abtreibungen betrifft, so geht aus den Statistiken des Nationalen Kroatischen Instituts für die Öffentliche Gesundheit hervor, dass die freiwilligen Abtreibungen sich1985 auf 51.549 beliefen und 2005 auf 4.563, also eine Reduktion um 91,1 Prozent. „Im Übrigen“, so unterstreicht Mazzi „ist Kroatien eines der wenigen Länder in Europa, in dem in den letzten drei Jahren die Anzahl der Familien mit wenigstens drei Kindern, davon mindestens eines unter 15 Jahren, im Wachstum begriffen ist.“. Gemäss dem Mitglied der Vereinigung „Gemeinschaft Papst Johannes XXIII“ ist es interessant, festzustellen, dass in Kroatien „die Anzahl der Personen mit HIV extrem niedrig ist (ca. 500), eine der niedrigsten Ziffern in Europa“. Mazzi ist überzeugt, dass einer der Gründe für „die kroatische Anomalie im katholischen Glauben liegt“, der in diesem Land sehr verbreitet sei.

In diesem Zusammenhang hat Erzbischof Francisco Javier Lozano, Apostolischer Nuntius in Kroatien, 2004 bekräftigt: „Ich kenne kein anderes Land, in dem die Öffentlichkeit so stark auf die Kirche hört wie in Kroatien“. Allgemein ist man überzeugt, dass die Kirche mit dem Ende des Kommunismus eine öffentliche Rolle übernehmen konnte, die ihr vorher aberkannt wurde, und ihr Erziehungswerk in der Gesellschaft stark ausbauen konnte.

Unter den verschiedenen Laien-Vereinigungen, die sich für die Verteidigung des Lebens und der Familie einsetzen, wird grosse Arbeit für die Sensibilisierung geleistet durch das „Obitelijski Centar“ (Zentrum für die Familie) in Zagreb, eine katholische Vereinigung, die von dem Ehepaar Darka und Marijo Zivkovic betreut wird. Mit Video, Büchern, Flugblättern, Broschüren und Aufklärung durch Ärzte leistes das Zentrum Informationsarbeit und bringt zudem Gebetsbücher heraus, mit denen eingeladen wird, für das Leben und die Familie zu beten.

Quelle: Corrispondenza romana 1063/02 Übersetzung: Zukunft CH