In meinen frühesten Kindheitserinnerungen waren wir eine fröhliche Familie mit vier Kindern. Es waren die 30er-Jahre. Sparen gehörte zur Tagesordnung und wir konnten uns vieles nicht leisten. Jahre später erhielten wir noch zwei Geschwister. Doch unsere Eltern haben nie auch nur andeutungsweise davon geredet, dass mit dem Zuwachs ein Finanzproblem verbunden sein könnte. Wir Kinder fühlten uns geborgen in der Liebe der Eltern. Ohne besondere Worte spürten wir, dass wir für sie Geschenke und Quelle der Freude waren. Ja, meine Mutter bedauerte es, dass sie keine Zwillinge hatte.
Diese freudige Bejahung von Kindern ist heute weitgehend zerstört worden. Die Geburtenraten in Europa sind stark gesunken. In der Schweiz und in Deutschland betragen sie etwa 1,4 Kinder pro Frau. Nötig für den Erhalt der Bevölkerung wäre eine Rate von 2,1. Das bedeutet, dass in jeder Generation die Bevölkerung um einen Drittel schrumpft. Die Folgen sind dramatisch: Es gibt immer weniger Junge, welche die Renten und Pflegekosten für die zunehmend alternde Gesellschaft bezahlen müssen. Die Politik hat es bisher versäumt, das Problem ernsthaft anzupacken.

Für die sinkende Kinderzahl gibt es verschiedene Gründe. Die Erziehung von Kindern ist heute anspruchsvoller und teurer als früher. So sind Kinder für junge Ehepaare ein Armutsrisiko. Auch wächst die Zahl der Ehepaare, die ungewollt kinderlos bleiben. Doch den Hauptgrund für den Geburtenrückgang sehe ich darin, dass es gewissen Kräften gelungen ist, Ehe und Familie als überholten Lebensentwurf zu propagieren. Und es stimmt: Wenn beruflicher Erfolg und Genuss die einzigen Lebensziele sind, dann sind Kinder ein massiver Störfaktor.

Wir müssen umdenken. Die Familie ist nicht nur eine wunderbare Erfüllung des Lebens, sie ist auch Keimzelle der Gesellschaft. Familien sind unverzichtbar für die Erziehung von psychisch gesunden, leistungsbereiten Personen. Zudem sind sie die wichtigsten Zentren für die Weitergabe unserer Kultur. Ohne gefestigte Familien sterben unser Volk und unsere Kultur! Darum müssen wir eine echte Förderung der Familien einfordern. Durch die Erziehung von Kindern leisten vor allem Mütter eine Arbeit, ohne die es keine Gesellschaft gibt. Diese Leistung muss honoriert werden, z.B. mit einem Erziehungsgeld.

Setzen wir uns für eine neue Freude an Familie und Kindern ein, beginnen wir, uns auf die Grundlagen unserer Existenz neu zu besinnen, und er erkennen wir wieder, was die Bibel sagt: „Kinder sind eine Gabe des Herrn, und Leibesfrucht ist ein Geschenk.“ (Psalm 127, 3)

Von Pfr. Hansjürg Stückelberger