Die Volksinitiative „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“ fordert, dass künftig Abtreibungen ausser in Ausnahmefällen wie Vergewaltigung nicht mehr von der obligatorischen Krankenkasse bezahlt werden dürfen. Doch dürfen Abtreibung und Abtreibungsfinanzierung wirklich Privatsache sein? Meiner Meinung nach nicht. Aber darum geht es in der Initiative, über die wir am 9. Februar 2014 abstimmen, ja auch nur vordergründig. Die Gegner der Initiative haben das gut erkannt, wenn sie in der Vorlage einen versteckten Angriff auf die Fristenregelung sehen. Zwar bleibt auch bei Annahme der Initiative die Fristenlösung rechtlich unangetastet. Doch wird mit der Initiative, und das scheint mir ganz zentral, die Normalität und Selbstverständlichkeit der Abtreibung in Frage gestellt.
So hält die Initiative vor allem fest, dass Abtreibungen deswegen nicht von der obligatorischen Krankenversicherung gedeckt werden dürfen, weil „Krankenkassen Leben retten und heilen, nicht aber das Töten finanzieren sollen.“ Und das ist ein wichtiges Zeichen in unserer Gesellschaft, die in den letzten Jahrzehnten unter dem Vorwand von Selbstbestimmung und Menschen- bzw. Frauenrechten zu einer Kultur des Todes geworden ist. Wenn die Initiative, wie ich hoffe, tatsächlich ein Umdenken in die Wege leiten könnte, dann wäre der nächste Schritt auf dem Weg zu einer humaneren Gesellschaft tatsächlich die Abschaffung der Fristenlösung.

Auch mit ihrem Pochen auf die Gewissensfreiheit stellen die Initianten die gesellschaftliche Normalität der Abtreibung in Frage. Niemand soll dazu gezwungen sein, durch seine Krankenkassenprämien zum Mittäter an der Massentötung ungeborener Kinder zu werden. Gegen diesen Punkt der Initiative das Solidaritätsprinzip ins Feld zu führen, auf dem Krankenversicherungen beruhen, ist schlicht absurd, weil hier Solidarität mit Komplizenschaft verwechselt wird.

Doch zurück zur Ausgangsfrage: Dürfen Abtreibung und Abtreibungsfinanzierung wirklich Privatsache sein? Nein, natürlich nicht! Hier ist aber einfach der Titel der Vorlage unglücklich gewählt. Denn zu sagen, Abtreibungsfinanzierung sei Privatsache, verträgt sich auf keinen Fall mit der Überzeugung, dass Abtreibung Mord ist. Denn wer würde bestreiten, dass ein Staat, der Mord und Totschlag zur Privatsache erklärt, die Rechtstaatlichkeit gefährdet?

Und dennoch: Die Vorlage verdient ein klares Ja, weil eine Annahme der Initiative in vielerlei Hinsicht eine Verbesserung der jetzigen Lage bringen dürfte: Denn erstens wird, wie schon gesagt, künftig niemand mehr gezwungen sein, Abtreibungen mitzufinanzieren. Und das dürfte für viele Menschen nicht nur eine finanzielle, sondern vor allem auch eine Gewissenserleichterung sein. Zweitens wird ganz grundsätzlich die Selbstverständlichkeit der Abtreibung in Frage gestellt, was hoffentlich ein erster Schritt zu einem gesellschaftlichen Umdenken ist. Drittens kann, wie wissenschaftliche Studien nahelegen, die Zahl der Abtreibungen bis um 25 Prozent sinken, wenn sie privat bezahlt werden müssen. Viertens aber, und das geht oft vergessen, wird mit jeder verhinderten Abtreibung einer Mutter viel Leid erspart. Wie gross dieses tabuisierte Leiden ist, davon sprechen die geschätzten Folgekosten von Abtreibungen (beispielsweise für psychiatrische Behandlungen) Bände. Gerd J. Weisensee von Pro Life schätzt diese für die Schweiz auf jährlich drei bis vier Milliarden Franken.

Schaut man also auf das Ziel der Initiative, so erkennt man in ihr einen kleinen Schritt hin zu einer Kultur des Lebens. Deshalb: ein entschiedenes Ja zur Initiative!

Von Dominik Lusser