Schweizer Politiker wollen die Präimplantationsdiagnostik (PID) in beschränktem Umfang zulassen. Embryonen, die ausserhalb des Mutterleibs gezeugt werden, sollen nach dem Willen des Bundesrats selektioniert werden. Ungeeignetes „Material“ soll tiefgefroren werden, damit es für Forschungszwecke zur Verfügung steht. Wie diese menschenverachtende Methode bereits heute ohne gesetzliche Grundlage von Ärzten gefördert wird, zeigt folgender Erfahrungsbericht.
Für die erneute Gutsprache der Invalidenrente musste der 21-jährige S.S.* sich ärztlich untersuchen lassen. Weil die Ursache seiner körperlichen und geistigen Behinderung (Invaliditätsgrad 50 Prozent) nicht eruiert werden konnte, wurde seinen Eltern eine genetische Abklärung im Institut für Medizinische Genetik der Universität Zürich empfohlen. Bei der Anmeldung versicherte man ihnen, dass das erste Gespräch nur zur Beratung diene und dabei noch keine Entscheidungen getroffen würden. Kaum hatte im Oktober 2008 das Beratungsgespräch begonnen, erklärte der Arzt den Eltern, dass er bei S.S. drei Dysmorphien (äusserliche Auffälligkeiten) feststelle und einen Schaden im Erbgut für wahrscheinlich halte.

Verwundert über diesen raschen Bescheid fragten die Eltern den Arzt, warum bisher keiner der zahlreichen namhaften Professoren und Spezialisten, die ihren Sohn bis dahin untersuchten, diese angeblichen Auffälligkeiten bemerkt und eine solche Diagnose gemacht habe. Sie wussten, dass die meisten so genannten gesunden Menschen bis zu sieben Dysmorphien aufweisen, ohne dass jemand auf einen Chromosomendefekt schliesst. Der Arzt entgegnete wirsch, dass die Entwicklungsneurologen in solchen Fällen kaum eine Ahnung hätten und nur die Genetiker Bescheid wüssten. Es müsse jetzt bei S.S. eine Blutentnahme für die DNA-Untersuchung gemacht werden. Falls sich dann ein Chromosomendefekt herausstellen sollte und eine gewisse Möglichkeit der Weitervererbung bestünde, dürften die drei Schwestern von S.S. nie ungeschützten Geschlechtsverkehr haben. Beim Kinderwunsch müssten sie sich im Ausland mit der PID behandeln lassen. So könnte dafür gesorgt werden, dass sie keine Kinder mit einer Behinderung bekommen würden.

Als die Eltern dagegen einwandten, dass alle fünf Geschwister von S.S. sich normal entwickelten und auch in der weiteren Verwandtschaft nirgends eine ähnliche Behinderung aufgetaucht sei, reagierte der Mediziner genervt und meinte, dass Eltern, die keine Chromosomenuntersuchung durchführen liessen, sich schuldig machen würden. Solche Eltern seien von der Angst geleitet und Angst sei schon immer ein falscher Ratgeber gewesen. Die PID sei ein Segen, weil sich drei von vier Ehepaaren wegen ihrer behinderten Kinder scheiden liessen. Nur die Behindertenorganisation „insieme“ lehne die PID ab, weil sie die Behinderungen in pathologischer Art verherrliche. Diese Leute hätten die Ansicht, dass am besten alle Menschen Trisomie 21 (Down-Syndrom) haben sollten, um glücklich zu sein.

Mit diesem massiven Angriff und der Schuldzuweisung hatten die ratsuchenden Eltern nicht gerechnet. Noch bevor sie sich fassen konnten, doppelte der Arzt mit der Drohung nach, dass grosse Krankenkassen bei Frauen, die Geschwister mit einer Behinderung hätten, die Zusatzversicherungen verweigern würden. Kurzerhand legte er Nadeln und Röhrchen bereit, um die Blutentnahme für die DNA-Untersuchung bei S.S. durchzuführen. Während der zweistündigen „Beratung“ hielt es der Arzt nicht für nötig, S.S. auch nur ein Mal anzusprechen. So ergriff er auch jetzt den Arm von S.S., ohne ihn nach seinem Einverständnis zu fragen. Überrumpelt von dieser rücksichtslosen Zielstrebigkeit, gelang es den Eltern nur mit grosser Mühe, den Arzt an der Blutentnahme zu hindern.

Tief erschüttert über so viel Arroganz verliessen sie mit S.S. das Spital. Sie waren um die Erfahrung reicher geworden, dass es offenbar Mediziner gibt, denen es vor allem darum geht, möglichst viel „Menschenmaterial“ für ihre Selektions- und Forschungsmethode zu bekommen. Dafür scheuen sie sich nicht, Vereinbarungen zu übergehen, fragwürdige Diagnosen abzugeben, Kollegen zu diffamieren und massiven psychischen Druck auf Angehörige auszuüben. In diesem ganzen Prozess wird der Mensch als Sache und nicht als Lebewesen, als Geschöpf Gottes, behandelt. Die PID wird daher für Menschen mit einer Behinderung und ihre Familien fatale Folgen haben.

Haben Sie als Eltern ähnliche Erfahrungen gemacht? Dann melden Sie sich bei uns über das Kontaktformular
_________________________________________
Zur Erklärung: Präimplantationsdiagnostik

Der Begriff Präimplantationsdiagnostik (PID) umfasst gentechnische Untersuchungen, mit welchen bereits vor der Embryoeinpflanzung in die Gebärmutter bestimmte Erbkrankheiten und genetische Auffälligkeiten erkannt werden können. Die dazu dem Embryo entnommene Zelle wird dabei zerstört, der Embryo selbst sogar eventuell geschädigt. Der Schweizer Bundesrat hat die PID durch das sog. Fortpflanzungsmedizingesetz per 1. Januar 2001 gesetzlich verboten – begründet mit Menschenwürde sowie Schutz für Persönlichkeit und Familie. Es erklärte das Kindeswohl zum obersten Grundsatz. Bereits 2005 jedoch erteilte das Parlament dem Bundesrat den Auftrag, eine Regelung vorzulegen, welche die PID trotzdem ermöglicht. Bis 2011 soll die Vernehmlassung dazu abgeschlossen sein. Die PID ist rechtlich und moralisch sehr umstritten. Kritiker führen an, dass das auf diese Weise ermöglichte „Designerkind“ eine neue Rassenhygiene begünstigen könne, dass behinderten Menschen damit Lebensrecht und Lebenswürde abgesprochen werden und dass sich die jeweils entnommene Zelle allein zu einem vollständigen Menschen entwickeln könnte, wenn sie nicht zerstört würde.

Von Beat Schmid