Bildungserfolg setzt starke Bindungen voraus. Die Familie ist der wichtigste Ort emotionaler Bindung. Ein Staat, der die Familie in Frage stellt, bringt sich um seine wichtigste Ressource für die Zukunft. Zu dieser Einschätzung gelangten Experten aus Wissenschaft und Praxis am 8. November 2014 an der fünften Oltner Fachtagung von Zukunft CH zum Thema: „Bindung und Bildung – Was unsere Kinder wirklich stark und erfolgreich macht“. Bei den rund 100 Teilnehmern kam das diesjährige Event im Hotel Arte bei den enorm gut an.
Der Hirnforscher Manfred Spreng legte in seinem Referat dar, wie wichtig für die Entwicklung des Gehirns die enge und zumal in den ersten drei Lebensjahren ununterbrochene Bindung zu den leiblichen Eltern – und besonders zur Mutter – ist. Zu frühe und zu lange Krippenbetreuung sei hingegen ein Faktor, der den Bildungs- und Lebenserfolg eines Kindes von vornherein mit einer schweren Hypothek belasten könne. Mögliche Spätfolgen der Fremdbetreuung, wie sie kürzlich für das Gender-Vorzeigeland Schweden ermittelt worden sind, sollten uns zu denken geben: „Innerhalb der letzten 15 bis 20 Jahren haben bei schwedischen Mädchen die seelischen Erkrankungen um 1‘000 Prozent zugenommen. Depressionen sind um 500 Prozent angestiegen.“

Im zweiten Referat plädierte Jürg Schuppli, Leiter der christlichen Privatschule „Domino Servite“, für die Wichtigkeit zwischenmenschlicher Beziehungen in der Schulzeit. Ein von gegenseitigem Vertrauen geprägtes Verhältnis zwischen Schüler und Lehrer sei für das erfolgreiche Lernen ebenso wichtig wie das einfühlsame Interesse der Eltern am Schulalltag ihrer Kinder: „Bildung führt dann zum Erfolg, wenn alle Beteiligten am gleichen Strick ziehen.“

Plädoyer für einen wahren Feminismus

Was die Auseinandersetzung mit dem Thema „Bindung und Bildung“ heute überhaupt erst so dringlich macht, ist die aktuelle Bedrohungslage der Familie. Anstatt der Familie zu helfen ihren natürlichen Betreuungsaufgaben nachzukommen, gibt es, so die deutsche Journalistin Birgit Kelle in ihrem Referat, in der gegenwärtigen familienpolitischen Debatte in Deutschland, Österreich und der Schweiz einen starken Trend, der genau in die andere Richtung verläuft. Anstatt Familien zu unterstützen, trete der Staat mit der eiseitigen Förderung der Fremdbetreuung selbst an die Stelle der Familie: „Damit werden künstliche Welten aufgebaut. Wir investieren immer nur in den Ersatz der Familie, niemals in das Original.“, gab die Bestsellerautorin zu bedenken.

Dahinter steckt, wie Kelle eindrücklich aufzeigte, die feministische Forderung nach der „Befreiung“ der Frau: Die Frau soll aus der emotionalen und finanziellen Abhängigkeitsgemeinschaft mit Mann und Kind befreit werden, obwohl – und das war den Feministinnen immer schon klar – eine grosse Mehrheit der Frauen diese Gemeinschaft gerade als Freiraum erlebt. Kelle plädierte für einen neuen Feminismus, der wirklich für Frauen einsteht und der „Zwangsbefreiung“ vom Muttersein eine klare Absage erteilt. Damit sprach sie vielen Tagungsteilnehmerinnen „ganz aus dem Herzen“, wie aus den begeisterten Rückmeldungen der Zuhörer deutlich hervorging.

Standortvorteil Familie

Inzwischen betreibt, wie Kelle weiter ausführte, eine „unheimliche Allianz zwischen Feminismus und übelstem Kapitalismus die totale Ausbeutung der Frau“; mit verehrenden Folgen nicht nur für die Frau, sondern auch für Familien und Kinder: In Westdeutschland sind bereits 30 Prozent aller unter Dreiährigen durchschnittlich 38 Stunden pro Woche in der Krippe, in der ehemaligen DDR sind es sogar 80 Prozent. Ganz zu schweigen von den psychischen und emotionalen Schäden hat dies auch körperlich verehrende Auswirkungen. Dass in östlichen Bundesländern das Knochenbruch-Risiko doppelt so hoch ist wie im Westen, ist auf den bei Krippenkindern erhöhten Spiegel des Stresshormons Cortisol zurückzuführen, das die Knochensubstanz angreift. Doch werden solche Zusammenhänge stillschweigend und bewusst unter den Tisch gekehrt.

Es sind also, so Kelles Resümee, vor allem auch ideologische Gründe, warum Wirtschaft und Politik nicht auf den „Standortvorteil der Familie“ für die Erziehung der Kinder setzen. Dieser bestehe darin, dass Eltern ihre Kinder im Unterschied zu Erziehern und Lehrern auch dann liebten, wenn sie sich mal von ihrer unangenehmen Seite zeigten. Die linke Gesellschaftspolitik aber sucht ganz gezielt, wie auch Spreng bestätigte, durch den Ausbau der Ganztagsbetreuung eine kulturelle Revolution zu erreichen, indem sie die Kinder gezielt von ihren bürgerlichen Elternhäusern entfremdet.

Der Staat braucht die Familie

Beim abschliessenden Podium, das von Beatrice Gall, Geschäftsführerin von Zukunft CH moderiert wurde und an dem zu den Referenten noch der Vertrauenspädagoge Heinz Etter und Willi Villiger, Vorstandsmitglied des Homeschooling-Vereins „Bildung zuhause“ teilnahmen, ging es dann u.a. um die Frage, was für die bedrohte Familie getan werden kann. „Wir waren zu lange leise“, konstatierte Kelle und appellierte an die Tagungsteilnehmer, ihre Rechte als Familie einzufordern: „Vielen Familien ist nicht klar, was für ein Machtfaktor sie sind. Denn es ist ja nicht der Staat, der die Familie unterstützt. Vielmehr gibt es ohne Familien gar keinen Staat. Dieses Bewusstsein müssen wir den Familien wieder zurückgeben.“ Wegen der direkten Demokratie sieht Kelle die Chancen auf eine politische Wende zugunsten der Familie in der Schweiz besonders gut. Nützen wir diese Chance!

Von Dominik Lusser