Knapp 40 Prozent der Schweizer Jugendlichen leisten sich durch Kredite, was ihr Budget nicht ermöglicht. Zehn Prozent haben bereits über 2’000 Franken Schulden und 37 Prozent der Verschuldeten sind auch nach fünf Jahren nicht schuldenfrei. Welche Auswirkungen hat das „Leben auf Pump“ für Betroffene und die Gesellschaft?

„Das Auftreten des Phänomens Jugendverschuldung kann mit einem konkreten Ereignis in den frühen 90ern verknüpft werden“, schreibt Christoph Alder, Dozent für Soziale Arbeit und Leiter der Schulsozialarbeit Aarau im Mitteilungsblatt „meinTDS 2020/36“. Am 1. August 1981 ging MTV in den USA auf Sendung, RTL und MTV Europe folgten in kurzen Abständen darauf. Die Wirtschaft entdeckte die Jugendlichen als Kundengruppe, fasst Alder zusammen. Diese seien dem Konsumangbot von Beginn an fast schutzlos ausgeliefert gewesen. Nach dem Motto „Kaufe jetzt – bezahle später“ würden die Jugendlichen die Angebote von Zalando, Amazon und Co nutzen und auf Kredit kaufen – was einen Einstieg in die Schuldenabhängigkeit bedeute.

„Dass die angebotene „Hilfe“ einen hohen Preis hat, erkennen Betroffene oft erst, wenn sie bereits wie eine Fliege im Netz zappeln“, bestätigt Regula Lehmann, Leiterin der Familienprojekte der Stiftung Zukunft CH. Die hohen Zinsen für technische Geräte, teure Autos und andere Luxusartikel werden zur Fessel, die immer mehr jungen Menschen beim Start ins Berufsleben oder bei der Familiengründung zum Verhängnis wird, so Lehman: „Während auf Gesetzesebene zu wenig unternommen wird, um Jugendliche vor der Schuldenfalle zu bewahren, bieten viele Schweizer Oberstufen- und Berufsschulen regelmässig Module für Budgetplanung und Schuldenprävention an. Selbst zu erwirtschaften statt verwöhnt zu werden und in guten Zeiten zu sparen, um Notzeiten selbst überbrücken zu können, sollte in einer Gesellschaft, die pausenlos Selbst-Bestimmung propagiert, doch eigentlich eine Selbst-Verständlichkeit sein.“