Russland, Ukraine, Griechenland, Georgien und das Vereinigten Königreich gehören zu den europäischen Ländern, in denen sich unfruchtbare Paare ihren Kinderwunsch durch das „Mieten“ einer sogenannten Leihmutter erfüllen. In Israel hat das oberste Gericht kürzlich beschlossen, dass Leihmutterschaft auch homosexuellen Paaren offenstehen muss. Ein Entscheid mit verheerender Signalwirkung …

Ein Kommentar von Regula Lehmann

„Entferne nie einen Zaun, bevor du nicht weisst, warum er überhaupt errichtet wurde“, zitiert Michael Ruppen in seinem Artikel „Was haben wir schon zu verlieren?“ in der aktuellen Ausgabe des Magazins Zukunft CH den berühmten Sir Gilbert K. Chesterton und führt aus, weshalb die Ehe zwischen Mann und Frau aus historischer Sicht kultur- und wohlstandsfördernden Charakter hat. Laut Ruppen würden die „Ehe für alle“ und die ihr nachfolgenden Öffnungen (wie z.B. Leihmutterschaft) für die Schweiz nicht nur aus ethischer, sondern auch aus historischer und wirtschaftlicher Sicht einen Rückschritt bedeuten.

Bei seinen Thesen stützt sich der Pastor und ehemalige Gymnasiallehrer u.a. auf den Cambridge-Ethnologen Joseph Unwin. Dieser untersuchte 80 Volksgruppen bezüglich ihres Sexualverhaltens und kam in seinem Buch „Sex and Culture“ zu dem für ihn unerwarteten Schluss, dass mit jeder Erweiterung der sexuellen Gelegenheiten eine Abnahme der sozialen Energie und des kulturellen Niveaus erfolgt. Die volle Wirkung, so Unwin, könne jeweils spätestens in der dritten Generation festgestellt werden.

Abstimmungskampf und Salamitaktik

Ruppens Thesen sind zentral für die aktuellen Diskussionen. Denn am 26. September 2021 wird in der Schweiz über die „Ehe für alle“ abgestimmt. Dabei wird immer offensichtlicher, dass ein Ja zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare nicht das Ende, sondern der Anfang weiterer Öffnungsbegehren bedeuten würde. Während sich die Befürworter der Eheöffnung aktuell bemühen, die Leihmutterschaft aus der Debatte herauszuhalten, gibt es gute Gründe, der betriebenen Salamitaktik zu misstrauen: 2007, im Abstimmungskampf zur eingetragenen Partnerschaft, versprachen die Initianten dezidiert, Kinder seien kein Thema. Unterdessen sind wir jedoch nach der Stiefkindadoption bereits bei der Forderung nach Volladoption und mit der aktuellen Abstimmung bei der Samenspende für lesbische Paare angelangt. Und wer nun tatsächlich glaubt, dies sei das Ende des Wunschkatalogs, unterschätzt das gegenwärtig zum Dogma hochstilisierte Diskriminierungs- und Opferschema. Dass Leihmutterschaft in verschiedenen europäischen Ländern erlaubt ist, erhöht den Druck nachzuziehen. Der Satz „Erlauben wir es bei uns nicht, gehen die Leute ins Ausland“ wird beim Mieten von Frauen genauso als Druckmittel benutzt werden, wie es jetzt bei der Samenspende der Fall ist. Vergessen sind die Bilder verwaister Säuglinge, die aufgrund von Corona in der Ukraine auf ihre Abholung warteten. Wer ein Kind will, soll es sich beschaffen dürfen.

Geschichte zeigt: Zerfall der Gesellschaft steht bevor

Neben der Leihmutterschaft sind auch andere Methoden und Beziehungsformen auf dem Vormarsch und werden früher oder später ihre Anerkennung einfordern. Die am 4. Juni 2021 im Springer Verlag veröffentlichte wissenschaftliche Arbeit „Introduction to the Special Section of Consentual Non-Monogamy“ zeigt in aller Deutlichkeit, dass bereits intensiv daran gearbeitet wird, die einvernehmliche Polyamorie bzw. Polygamie vor „Diskriminierung“ zu „schützen“ und ihr dieselben „Rechte“ zu gewähren wie bisher der Ehe. Dies dürfte für die Schweiz, wie die Professorin für Literatur- und Kunstgeschichte Camille Paglia erklärt, einen weiteren Schritt in Richtung Zerfall bedeuten: In ihrem Vortrag „Lessons from History“ kommt die Historikerin zum Schluss, dass ein Drang zur Aufhebung der Geschlechter stets in „der späten Phase einer Zivilisation zu beobachten sei, kurz bevor eine Gesellschaft auseinanderfällt“. Noch ist es Zeit, diesen Zerfall mit einem entschiedenen Nein zu stoppen. Dies nicht zuletzt aus Liebe zur Zukunft und zu denen, die in dieser Zukunft leben müssen: unsere Kinder!

Der Artikel von Michael Ruppen erschien Ende August im Magazin „Zukunft CH“ (5/2021), das unter Bestellformular oder Tel. 052 268 65 00 kostenfrei bestellt werden kann.