„Niederschmetternde Befunde“ an der Hochschule für Heilpädagogik (HfH) in Zürich: Wissenschaftler wollten mit einer Studie nachweisen, dass ausserfamiliär betreute Kleinkinder später auch im Schulalter grösseren Schulerfolg haben würden als solche, die im traditionell betreuten Elternhaus aufgewachsen sind. Das Forschungsergebnis lieferte aber nicht, was sich viele moderne Menschen und die Betreuungslobby erhofften, sondern eher das Gegenteil: Frühe Fremdbetreuung bringt selbst Ausländerkindern keine besseren Schulleistungen, sondern – wenn schon – „sogar negative Effekte“.
Hat Fremdbetreuung im Vorschulalter (Horte, Krippen, Tagesfamilien, Spielgruppen) nachhaltige Effekte auf den Schulerfolg, d.h. können auch nach einer Zeitspanne von acht Jahren positive Effekte dieser Fremdbetreuung nachgewiesen werden? Diese Fragestellung untersuchte eine Forschergruppe um Prof. Dr. Andrea Lanfranchi mit Geldern des Schweizerischen Nationalfonds im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes 39. Noch um die Jahrtausendwende kam eine erste Untersuchung von Lanfranchi an 876 Kindern verschiedenster Herkunft (Schweizer, Ausländer, Bildungsstand der Eltern, Sprachregion der Schweiz, usw.) zum Resultat, dass besonders Kinder aus Migrationsfamilien dank der Hilfe des Übergangsraumes einer familienexternen Betreuung die Einschulung besser bewältigen würden. Weil die damalige Untersuchung aufgrund eines zu kurzen Untersuchungszeitraumes jedoch kaum wissenschaftlich gültige Schlussfolgerungen zuliess, hat sich Lanfranchis Forschungsabteilung für eine neuerliche Untersuchung entschieden, welche heuer, also rund acht Jahre später, an denselben Kindern der ersten Studie durchgeführt wurde. Dies in der Hoffnung, die (für die Fremdbetreuungslobby schmeichelhaften) Resultate der ersten Untersuchung würden sich bestätigen. Alle Auswertungen, welche jetzt auch die Langzeiteffekte integrieren, liegen seit kurzem vor:

Die vor acht Jahren bei der ersten Untersuchung festgestellten positiven Effekte von Fremdbetreuung auf den Schulerfolg (v.a. bei Migrationskindern) sind nicht mehr vorhanden. Im Gegenteil: Jegliche Formen von Fremdbetreuung von Kindern im Kindergarten- bzw. im Primarschulalter scheinen – wenn schon – eine negative Wirkung auf den Schulerfolg des Kindes zu haben. Den einzigen positiven Einfluss auf den Schulerfolg des Kindes bringt das Mitmachen des Kindes in einem Freizeitverein (Jugendgruppe, Sport, Musik), wodurch sich der Schulerfolg bis zu drei Mal erhöhen kann. Die (obgenannte) Fragestellung des Forschungsprojektes muss somit klar mit „Nein“ beantwortet werden.

Auch die wirklich gewichtigen Faktoren für eine nachhaltige, gelungene Schülerkarriere konnten nun ermittelt werden:
Der schulische Erfolg basiert sogar auch bei Ausländerkindern mit Migrationshintergrund nicht auf einer möglichst frühen Fremdbetreuung in der Kultur des Landes, sondern vielmehr auf der Gestaltung des Übergangs von der Primar- in die Sekundarstufe. Das will heissen, dass schulischer Erfolg im Wesentlichen von den Überzeugungsstrategien der Lehrkräfte bei den Übertritten, wie auch von der Durchsetzungskraft und der Kommunikationsfähigkeit der Eltern abhängt. Wer bei Eltern aufwächst, die für ihre Kinder mehr als nur den obligatorischen Schul- und Lehrabschluss anstreben, hat eine zwölf Mal grössere Wahrscheinlichkeit, Schulerfolg zu haben, als Kinder mit Eltern ohne entsprechende Bildungsaspirationen. Ausserdem weist die Studie nach, dass Schweizer Kinder rund doppelt so häufig in eine Fremdbetreuung geschickt werden wie Ausländerkinder.

Die Wissenschaftler sprechen von „entgegen unseren Erwartungen … niederschmetternden Befunden“. Chefforscher Prof. Dr. Andrea Lanfranchi selbst gesteht: „Da waren wir reichlich naiv mit unserem Glauben an die Kindertagesstätten als Allerheilsmittel für die Chancengleichheit.“ Künftig will er Kindern mit Entwicklungsproblemen deshalb mit der Unterstützung der leiblichen Mütter durch Mütterberaterinnen helfen.

Quellen: www.HfH.ch; „Ja zum Leben“, Nr. 191, Dezember 2009

R.W.