In einer Gesellschaft, in welcher der Alltag für Familien sehr stressig werden kann, in der enge Verwandte wegen ihrer unterschiedlichen Tagesbeschäftigungen oft eher aneinander vorbei als miteinander leben und es schnell zur Entfremdung von Ehepaaren untereinander und von Eltern und Kindern kommen kann, ist es umso wichtiger, sich auf etwas zu berufen, das die Gemeinschaft der Familie zusammenhält.

Von Nina Stec

Traditionen und Rituale sind dabei unabdingbar, da in ihnen die liebevolle Verbundenheit der Familienmitglieder untereinander zum Ausdruck gebracht und bestärkt wird. Traditionen, also die Weitergabe von kulturellem Erbe über Generationen hinweg und Rituale als symbolische, kommunikative Handlungen, bei denen innerhalb eines festen Rahmens etwas für die Gemeinschaft Wesentliches zelebriert wird, haben sich seit Urzeiten bewährt, um geschlossene Personengruppen zusammenzuführen, die sich etwa durch Verwandtschaft, über die gleiche Religion oder Herkunft auszeichneten, ihnen ihre Gemeinsamkeiten bewusst vor Augen zu führen und sie dadurch in ihrem Zusammenhalt als feste Gruppe zu bestärken.

Das Bewusstsein, eine Familie, also die elementarste Einheit aller zusammengehörigen Gruppen von Menschen zu sein, verliert sich zunehmend in einer Gesellschaft, in welcher der einzelne Mensch immer mehr in Richtung Individualismus, Selbstentfaltung und Selbstfindung durch das Verfolgen eigener Ziele und „subjektiver Wahrheiten“ tendiert.

Christlich orientierte Familien können solchen Entwicklungen immerhin im Kleinen entgegentreten, indem sie ihre verwandtschaftliche Bindung nicht als etwas „Zufälliges“ begreifen, das irgendwie entsteht, wenn ein Kind gezeugt wird, sondern ihre Familie als einen wunderbaren, gewollten und segensreichen Bestandteil von Gottes guter Schöpfungsordnung verstehen, in dem sich seine Liebe zu den Menschen ausdrückt. Der gemeinsame Glaube verbindet und hilft Familien, Probleme im Alltag, Schicksalsschläge und sonstige innerfamiliäre Differenzen zu überwinden, indem sie aus der Sicht der geteilten christlichen Überzeugung betrachtet und angegangen werden.

Der Glaube findet seinen Ausdruck in der alltäglichen Lebenspraxis in Traditionen und Handlungen wie Ritualen und Festen. In ihnen kommen Familienangehörige verbindlich zusammen und nehmen sich Zeit füreinander, um etwas vorher Festgelegtes zu unternehmen.

Jede Familie sollte dabei selbst schauen, wie diese Unternehmung aussieht. Es kann auch etwas ganz Banales sein, das allen Beteiligten Freude bereitet, wichtig ist nur, dass es immer wieder zu einer bestimmten Zeit wiederholt wird. So werden etwa das gemeinsame Fussball-Schauen oder das Frühstücken am Wochenende zu einem festen Familienritual.

Solche Rituale bereichern das Familienleben, sie geben den sonst im Alltagsstress vernachlässigten Zusammenkünften eine verbindliche Struktur und entfachen ein Gefühl von Zusammenhalt, Geborgenheit und Liebe. Ausserdem stiften sie schöne gemeinsame Momente, reduzieren Stress durch die ihnen innewohnende Ordnungsfunktion und geben den Kindern wichtige Werte auf ihren Lebensweg. Sie lernen dabei etwa Zuverlässigkeit, indem sie geordnete zeitliche Abläufe verstehen, indem sie die terminlich geregelten Zusammenkünfte einhalten, was mit Warten und Geduld verbunden ist, und Vertrauen durch Regelmässigkeit. Aber sie bekommen auch, gerade wenn es um Rituale mit christlichen Inhalten geht, ein Gespür für die Relevanz von Traditionen, die oft viel älter sind als die eigenen Grosseltern, und für ein Grundverständnis für die Kultur des jüdisch-christlichen Abendlandes, etwa wenn Weihnachten und Ostern gross gefeiert werden, aber auch, wenn am Freitag Fisch gegessen und Tisch- und Abendgebete gesprochen werden. Christliche Traditionen und Rituale sind ein guter Weg, den Glauben an Gott an die Kinder weiterzugeben, in einer Form, die ihren Interessen und Bedürfnissen gerecht wird und in ihnen die Begeisterung weckt, dieses schöne Geschenk später selbst an die eigenen Kinder weiterzugeben.

Quelle: Aktion Kinder in Gefahr