Die Ansichten über die Entstehung des Lebens sind vielfältig. Doch die Wissenschaft favorisiert die Evolutionstheorie und bezeichnet die Schöpfungserklärung immer offener als Mythos.
Die Fortschritte der Wissenschaft führen zu bahnbrechenden Erkenntnissen. Wir wissen immer besser, wie etwas funktioniert. Leider ziehen viele Wissenschaftler aus der Entdeckung der Funktion eines Mechanismus den Schluss, es gebe keinen Schöpfergott. John Lennox, britischer Mathematikprofessor und Wissenschaftsphilosoph, bezeichnet dies als „Kategorienfehler“: „Die Existenz eines Mechanismus kann nicht als Beleg dafür genommen werden, dass es niemanden gibt, der den Mechanismus erfunden hat.“

Die Naturwissenschaft vermag die Frage nach dem Anfang nicht zu beantworten. Aufrichtige Forscher reden offen darüber. Zum Beispiel der Biologe und Chemiker Stanley L. Miller, der mit seinem „Ursuppen-Experiment“ weltberühmt wurde. Er sagte: „Von Anfang an müssen wir gestehen, dass wir nicht wissen, wie das Leben begann.“

Neues Lehrmittel sorgt für Wirbel

Zu einem Riesenwirbel kam es im November 2007 im Berner Schuldepartement. Im Fokus stand ein neues Naturkundelehrmittel, konkret der Themenbogen 1 „Schöpfung und Evolution – Entstehung des Lebens“. Das Faltblatt will die Schülerinnen und Schüler anregen, über die Entstehung des Lebens nachzudenken. Wichtige Einstiegsfragen werden gestellt: „Woher stammt die schier unglaubliche Vielfalt des Lebens? War sie schon immer da? Wer oder was steht dahinter? Ist alles durch Zufall entstanden, oder wurde alles bis ins letzte Detail geplant?“ Bei den verschiedenen Antworten komme es, so schreiben die Schulbuchverfasser, „wesentlich darauf an, welches Weltbild, welchen Glauben, welches wissenschaftliche Wissen die Menschen haben“. Das stimmt.

In dieser Weise ist das ganze Kapitel über die Entstehung des Lebens aufgebaut. Es will keine pfannenfertigen Lösungen anbieten, sondern zur Auseinandersetzung anregen. Verschiedene Antworten werden dargestellt, darunter die beiden am weitesten verbreiteten. Erstens: „Gläubige Menschen gehen davon aus, dass jemand oder etwas – Gott/eine höhere Macht – das Universum in seiner ganzen Vielfalt erschaffen habe. Diese Vorstellung wird Schöpfungsglauben genannt.“ Und zweitens: „Vor etwa 150 Jahren verbreitete sich unter Naturwissenschaftlern die Vorstellung, es gebe keinen Schöpfer, das Leben sei durch zufällige chemische Prozesse entstanden und die heutige Vielfalt sei das Resultat weiterer zufälliger Veränderungen. Dieses Modell heisst Evolutionstheorie.“

Berner Erziehungsdirektor beugt sich Mediendruck

Dass ein Lehrmittel die Schüler auf undogmatische Weise zu entdeckendem Lernen anregt, war aber einem elitären Zirkel von Evolutionsbiologen Grund genug, um massiv dagegen vorzugehen. Man dürfe in der Schule „nicht grundsätzlich an der Evolutionstheorie rütteln“, meinte etwa Markus Wilhelm, Professor an der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz (Luzern). Der harschen Kritik hielt der Berner Erziehungsdirektor Bernhard Pulver nicht zwei Tage stand. Er beugte sich dem Druck von Medien und Wissenschaftlern und versprach, die „umstrittenen Passagen zur Entwicklung des Lebens auf der Erde im Lehrmittel NaturWert gemeinsam mit der Schulverlag blmv AG zu überprüfen und zu überarbeiten.“ Ziel sei eine Trennung von „biblischem Schöpfungsglauben und naturwissenschaftlicher Evolutionstheorie“.

Vollkommen ignoriert wird in dieser Frage die Meinung der Schweizer Bevölkerung. Gemäss einer repräsentativen Umfrage vom Juli 2007 befürworten nämlich vier von fünf Schweizerinnen und Schweizern einen schulischen Unterricht, in dem neben der Evolution auch Schöpfung gelehrt wird! Durch diese Transparenz würde der Biounterricht im Bereich der Wissenschaftstheorie und der historischen Wissenschaften spannender. So wäre es auch möglich, von der biblischen Schöpfungslehre abgeleitete, wissenschaftlich prüfbare Aussagen zu diskutieren, was der Tragweite des Themas gerecht würde.

Kritische Auseinandersetzung mit Evolutionstheorie notwendig

Gian Luca Carigiet vom Verein ProGenesis weist auf eine weitere, wenig beachtete Problematik hin: „Für viele junge Menschen ist die Evolutionslehre Anlass, Gott aus ihrem Lebenskonzept zu streichen. Daher ist eine kritische Auseinandersetzung notwendig und sinnvoll.“ Verantwortungsbewusste Väter und Mütter spüren das. In der Bevölkerung ist die Bereitschaft zur Methodenoffenheit in der Ursprungsfrage längst vorhanden. Wann wächst diese auch bei Bildungspolitikern, Erziehungsdirektoren und unter den Lehrkräften?

Früher waren es Grösse und Unbekanntheit des Makrokosmos, die den Menschen auf die Kraft Gottes hinwiesen (vgl. Römer 1,19 bis 20). Heute ist es der Mikrokosmos. Die neuesten Forschungen in der Zell- und Molekularbiologie weisen hin auf zielgerichtete, designte „Baupläne“. In Zellen, Proteinen und biochemischen Regulationen entdecken wir eine Komplexität, die nicht reduzierbar ist, ohne dass das gesamte System zusammenbricht. Alle Teile sind fein aufeinander abgestimmt. Das eine bedingt das andere.

Wissenschaft und Glaube ergänzen sich

Die Wunder vom Mikrokosmos bis zum Makrokosmos, vom Aufbau der Atome bis zu den Weiten des Universums, lassen uns staunen und stellen die Frage nach der Existenz Gottes. Woher kommt die Materie, woher die Energie? Woher kommen die Naturgesetze, die von den Forschern doch nur nachbuchstabiert, nicht aber selbst geschaffen oder verändert werden können? Die Wissenschaft kann die Schöpfung erfassen, nicht aber den Schöpfer. Da versagen sämtliche Methoden. Wissenschaft und Glaube sollten sich nicht bekämpfen, sondern ergänzen. Der Physiker Max Planck stellte einmal fest: „Für den gläubigen Menschen steht Gott am Anfang, für den Wissenschaftler am Ende aller seiner Überlegungen.“

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Rolf Höneisen ist Chefredaktor des Magazins „factum“, das unter anderem auch die Auseinandersetzung um Schöpfung und Evolution behandelt.

Linktipp:

www.factum-magazin.ch

Von Rolf Höneisen