Wer beim Stichwort „Christenverfolgung“ nur an das römische Reich und Kaiser Nero oder Diokletian denkt, liegt falsch. Denn nie in seiner 2000-jährigen Geschichte hat das Christentum eine schlimmere Verfolgungswelle erlebt als heute, machte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt den Besuchern des Themen-Kongresses „Christenverfolgung im 21. Jahrhundert“ klar: In mindestens 50 Ländern der Erde werden heute etwa 100 Millionen Christen diskriminiert, verfolgt, gefoltert.
Weil meistens keine Kameras dabei sind, wird kaum darüber berichtet. Die CSU will das ändern, so Dobrindt zu den Kongress-Besuchern in Münchens Karmeliterkirche: „Wir möchten Sie persönlich aufrütteln.“ Wo sonst wäre die Sorge um bedrängte und verfolgte Christen besser aufgehoben als bei den Parteien mit dem „C“ im Namen, betonte auch Verteidigungsstaatssekretär und CSU-Vize Christian Schmidt. CDU und CSU haben das Thema weltweite Religionsfreiheit und das „besondere Augenmerk auf die Lage christlicher Minderheiten“ in den Koalitionsvertrag geschrieben – zum ersten Mal. Schmidt: „Der Einsatz für die Religionsfreiheit ist fester Bestandteil unserer wertegebundenen Aussenpolitik.“ Schmidt konnte sogar von einem Erfolg berichten: Nur weil CDU und CSU sowie die deutschen Kirchen sich so für das bedrängte 1‘600 Jahre alte Kloster Mor Gabriel in der Türkei eingesetzt haben, existiere es überhaupt noch. Das hat ihm jedenfalls der syrisch-orthodoxe Erzbischof und Abt des Klosters, Timotheos Samuel Aktas, kürzlich gesagt.

Die Regierung Erdogans sei dabei, „die Türkei als christenfreie Zone zu etablieren“, bestätigte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Johannes Singhammer, der sich in Berlin das Thema Christenverfolgung besonders zu eigen macht. Auch Singhammer hat für bedrängte und von Mord bedrohte Christen etwas erreichen können – in Indien. Durch demonstrativen Besuch im Bundesstaat Orissa, wo Dutzende Christen von radikalen Hindus massakriert worden waren, hat er zusammen mit anderen Bundestagskollegen bewirkt, dass die Regierung in Neu-Delhi die Sicherheitskräfte in der Unruhe-Provinz verstärkte.

Kleine, aber sichtbare Gesten können helfen, berichtete auch Jeremias Schröder, Erzabt des Klosters St. Ottilien: Bei China-Besuchen gehe Kanzlerin – und Pfarrerstochter – Angela Merkel stets demonstrativ in die Kirche, „für die Gastgeber ein eindrucksvolles und unbequemes Zeichen der Solidarität“. In Chinas streng regulierter offizieller Kirche ist es immerhin möglich, „sehr ernsthaften Glauben“ zu leben, so der Erzabt. Aus Nordkorea dagegen gibt es seit 50 Jahren keine Nachricht mehr von den Christen. Religionsausübung sei dort nicht möglich. Hunderttausende Christen seien in Konzentrationslagern umgekommen. Schröder: „In Nordkorea ist das Christentum tot.“

Direkt von einem Orte brutaler Christenverfolgung kam Obiora Ike, Generalvikar im Bistum Enugu in Nigeria. Am Sonntag vor seinem Auftritt in München war in Jos, der Hauptstadt des zentralnigerianischen Bundesstaats Plateau, ein islamischer Selbstmord-Täter mit einer Autobombe in eine Kirche gefahren und hatte ein Blutbad angerichtet. Jeden Tag verüben Boko-Haram-Islamisten in Nord-Nigeria Untaten an Christen. In zwölf von 36 Bundesstaaten herrscht die Scharia – mit Steinigungen und abgehackten Händen. Die Islamisten wollen sie im ganzen Land erzwingen, obwohl gut die Hälfte der 170 Millionen Nigerianer Christen sind. 1‘200 christliche Konfessionen gibt es in dem westafrikanischen Land. Ike: „Zeigt uns ein Land, wo die Scharia für die Entwicklung irgendetwas erreicht hat?“ In Nigeria bringt das Christentum dem Land Ausbildung und Bürgerrechte. Wie man den Christen in Nigeria helfen könne? Ike: „Beten ist ganz wichtig, Anteil nehmen und sich mit der eigenen Religion befassen.“

Quelle: Bonner Querschnitte

Von Heinrich Maetzke, Bayern-Kurier