Mit diesem Zitat von Jeremias Gotthelf aus dem 13. Kapitel von „Zeitgeist und Berner Geist“ will Pfr. Beat Weber ganz bewusst unterstreichen, dass wir neu Gotthelf entdecken können als Lehrer und Verkündiger von Gottes Wort. Auch wir Leser sollen diesen „anderen Jeremias Gotthelf“ neu zu Wort kommen lassen. Dazu verhilft uns Pfr. Beat Weber auf meisterhafte Weise in den 22 Beiträgen seines aktuellen Buches Den anderen Jeremias Gotthelf neu zu Wort kommen lassen‟, die seiner Meinung nach am besten portionenweise gelesen werden sollen, denn sie bilden jeder eine geschlossene Einheit.

 Von Peter Toscan

Pfr. Beat Weber schreibt, wie er zu dieser intensiven Beschäftigung mit Jeremias Gotthelf und seinem literarischen Werk kam: „Im Dezember 1994 trat ich als 40-Jähriger meine erste Pfarrstelle in Linden BE an. Wir waren dort bis 2016, und es sollte meine einzige Pfarrstelle bleiben. 1997 war der 200. Geburtstag von Jeremias Gotthelf. Dieses Jubiläum des Dichterpfarrers war Anlass für Veranstaltungen und anderes mehr und rückte ihn verstärkt ins öffentliche Bewusstsein. Ich ging das für mich neue Wagnis ein, in der Predigt mich nicht allein auf Worte der Heiligen Schrift zu beziehen, sondern diese mit Nacherzähltem und Zitierten aus Gotthelfs Werken zu verbinden.

Er meint, dass diese intensive Zeit der Beschäftigung mit Gotthelf und seinem Werk einiges mit ihm selbst gemacht habe. „Da sei Gottes Hand im Spiel gewesen – und es ist gut so.“ Dieses Buch ist ein Ausdruck davon. Kein Leser wird wohl kaum davon unberührt bleiben – zumindest ist es mir bei dieser „Neuentdeckung“ so ergangen.

Die Namen in Gotthelfs Werken und sein eigener Doppelname haben eine tiefe biblische Bedeutung: „Jeremias“ lehnt sich an den alttestamentlichen Propheten und seinen schwierigen Dienst an. Er schreibt kritisch und legt die Fakten auf den Tisch, rüttelt auf und ruft zur Umkehr. Mit dem „Gott-Helf“ kommen die wegweisenden, helfenden und heilenden Momente zur Sprache. Als einer, der selber der „Hilfe Gottes“ bedürftig ist, gibt er die klare biblische Botschaft weiter – so zumindest schreibt er im Vorwort zu seinem Erstlingswerk dem „Bauern-Spiegels“

Beat Weber lässt uns auf packende Weise entdecken, wie aktuell – gerade auch für die heutige Zeit – Gotthelfs Werke sind. Es gilt sie durch dieses Buch ganz zu entdecken. Denn jeder der 22 Beiträge beleuchtet einen anderen Aspekt von Gotthelfs Botschaft an seine (und auch unsere) Generation. Diese Form hat mich so sehr angesprochen, dass ich dem Buch eine weite Verbreitung wünsche, weil es vielen Lesern zu Gotthelfs Werk einen neuen Zugang ermöglicht. Gotthelf selbst wurde ja von einer schweren Krise getroffen, einer Krise, die sich bis in die heutige Zeit enorm verschärft hat. Es ist die Not, dass Gottes Wort in Unterweisung und Predigt kaum mehr bei den Zuhörenden ankommt. Davon wurde der Lützelflüher Pfarrer zum Schreiben seiner Bücher in Erzählform inspiriert. In den Nachkriegsjahren waren es für uns die Hörspiele zu Gotthelfs grossen Erzählungen, die eine ganze Generation zu fesseln verstanden. Und zehn Jahre später geschah Vergleichbares, als seine Werke verfilmt wurden.

Dieses Buch ist ein wunderbarer und inspirierender Einstieg in das Gesamtwerk von Jeremias Gotthelf, das es neu zu entdecken gilt.

Beat Weber, Den anderen Jeremias Gotthelf neu zu Wort kommen lassen, 180 Seiten, Mosaicstones Verlag, Thun, 2020, 182 S., CHF 27,50, ISBN978-3-906959-39-9