Regierungen und Extremisten wollen christliches Leben auslöschen. Die Zahl der zerstörten oder geschlossenen christlichen Einrichtungen wie Kirchen, Schulen oder Krankenhäuser hat in den vergangenen Monaten ein besorgniserregendes Ausmass angenommen, berichtet das internationale Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors. Im Berichtszeitraum vom 1. Oktober 2022 bis 30. September 2023 des neuen Weltverfolgungsindex wurden 14‘766 christliche Gebäude zerstört oder geschlossen. Darüber hinaus spitzt sich die Situation der Christen in Subsahara-Afrika weiter dramatisch zu; in immer mehr Ländern sind sie von extremer Gewalt betroffen.

Der Weltverfolgungsindex (WVI), der am 17. Januar 2024 veröffentlicht wurde, listet die 50 Länder auf, in denen es für Christen am gefährlichsten ist, ihren Glauben zu leben und zu bekennen. Christen sind in vielen Ländern grosser Feindseligkeit, Hass und der Androhung ihrer Vertreibung oder Vernichtung ausgesetzt. Durch Regierungen, die Kirchen zerstören oder schliessen lassen, durch extremistische Gruppen, die Dörfer und Gottesdienste überfallen und Christen töten sowie durch gewalttätige Menschenansammlungen, die mit roher Gewalt Christen vertreiben oder ermorden.

Gewalt gegen Christen: Angriffe auf Kirchen sowie unmittelbare physische Gewalt

Die zehn Länder des WVI 2024, in denen die meisten Kirchen betroffen waren, sind: China, Indien, Nigeria, Nicaragua, Äthiopien, Ruanda, Sudan, Burkina Faso, Niger und Angola. In China (Platz 19 auf dem Weltverfolgungsindex) wurden aufgrund alter und neuer Massnahmen des Regimes mehr als 10‘000 Kirchen geschlossen. Dagegen werden in Pakistan (Platz 7) und Indien (Platz 11) Angriffe auf Kirchen überwiegend durch gewalttätige Menschenansammlungen verübt. Im indischen Bundesstaat Manipur wurden im Mai 2023 insgesamt etwa 400 Kirchen zerstört. Mehr als 100 Christen wurden dabei ermordet, Zehntausende von ihnen vertrieben. Die UN äusserte in einer Erklärung ihr Entsetzen über die Gewalt, die vielfach gegen christliche Mädchen und Frauen gerichtet ist. Die Zahl der wegen ihres Glaubens ermordeten Christen in Indien stieg von 17 im Vorjahr auf mindestens 160.

Mehr als 82 Prozent der weltweit wegen ihres Glaubens getöteten Christen lebten in Nigeria (Platz 6). In Subsahara-Afrika wurden weitaus mehr Morde im Zusammenhang mit dem Glauben verübt als in jeder anderen Region auf dem WVI. Das ist ein Trend, der seit mehreren Jahren zu beobachten ist. In Äthiopien (Platz 32) nahm die Zahl der Angriffe auf Kirchen und Schulen dramatisch zu, von 22 im Vorjahr auf 284. In Burkina Faso (Platz 20) und der Zentralafrikanischen Republik (Platz 28) stieg die Zahl der niedergebrannten, geplünderten oder beschlagnahmten Geschäfte in christlichem Besitz sprunghaft an. Weiteren afrikanischen Ländern auf dem WVI droht eine ähnliche Entwicklung.

Der Weltverfolgungsindex (WVI) 2024 in Zahlen:

  • Mehr als 365 Millionen Christen weltweit (1 von 7) sind wegen ihres Glaubens mindestens in hohem Masse Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt.
  • 4998 Christen weltweit wurden in Zusammenhang mit der Ausübung ihres Glaubens getötet. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen, doch zahlreiche Konflikte in den Ländern erschweren die Dokumentation.
  • Die Zahl der Angriffe auf Kirchen, christliche Schulen und Krankenhäuser hat sich versiebenfacht, von 2110 (WVI 2023) auf 14‘766 (WVI 2024).
  • Von physischer Gewalt oder Todesdrohungen waren 42‘849 Christen betroffen (2023: 29‘411).
  • Angriffe auf Häuser von Christen nahmen gegenüber 2023 um 371 Prozent zu: von 4547 auf 21‘431.
  • 278‘716 Christen wurden aus ihren Häusern vertrieben oder mussten in den Untergrund gehen, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr mit 124‘310.

Zwei Probleme in Subsahara-Afrika: radikaler Islam und autokratische Regime

In 18 der 26 Länder des WVI, die südlich der Sahara liegen, wurden mindestens 4606 Christen wegen ihres Glaubens getötet. Mehr als 82 Prozent der weltweit getöteten Christen lebten in Nigeria. 15 dieser 26 Länder erreichten die höchste Stufe in der Bewertung der Gewalttaten gegen Christen.

„Die Bedrohung durch militante Islamisten in Subsahara-Afrika hat sich so verschärft, dass viele Christen in der Region zunehmend Angst haben, erläutert Frans Veerman, Leiter von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Christen werden gezielt ins Visier genommen oder sind besonders verwundbar auf einem Kontinent, der von dem doppelten Problem radikaler islamischer Elemente und zunehmend autokratischer Regime heimgesucht wird. Das stellt eine ständig wachsende Bedrohung für Christen in Subsahara-Afrika dar. Man muss erwarten, dass dieser doppelte Druck sie überwältigen und sie aus ihren Häusern und Dörfern vertreiben wird, wenn er nicht unter Kontrolle gebracht wird. Mindestens 16,2 Millionen Christen in Subsahara-Afrika wurden bis Ende 2022 gewaltsam vertrieben, davon über hunderttausend als direkte Reaktion auf religiöse Verfolgung.

Radikale islamische Gruppen, die instabile politische Verhältnisse ausnutzen, sind auf dem gesamten afrikanischen Kontinent verbreitet. Die Umbrüche in der Regierungsführung und Sicherheit haben den dschihadistischen Aktivitäten Tür und Tor geöffnet, wie sie beispielsweise in Burkina Faso (Platz 20), Mali (Platz 14), Mosambik (Platz 39), Nigeria und Somalia (Platz 2) zu beobachten sind.

„Wir sind besonders besorgt über die Zunahme der gewalttätigen Angriffe auf christliche Gemeinschaften. Der sehr starke Anstieg der Zahl der angegriffenen, zerstörten oder geschlossenen Kirchen ist alarmierend und zeigt, dass die Freiheit, seinen Glauben ‹allein oder in Gemeinschaft› zu bekunden, wie in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte dekretiert, in vielen Teilen der Welt in Gefahr ist. Wir sind auch sehr besorgt über die zahlreichen Angriffe auf Christen in Afrika südlich der Sahara, die hunderttausend von ihnen gezwungen hat, aus ihren Dörfern in Vertriebenenlager zu fliehen, wo sie unter sehr schwierigen Bedingungen und ohne Zukunftsperspektive leben. Wir rufen die internationale Gemeinschaft auf, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden und einzugreifen, damit die betroffenen Regierungen Massnahmen ergreifen, um ihre Bevölkerung zu schützen und dem Recht der Christen, ihren Glauben in Frieden zu leben, Geltung zu verschaffen“, stellt Philippe Fonjallaz, Direktor von Open Doors Schweiz, fest.

Nordkorea weiter auf Rang 1

Nordkorea steht erneut auf Platz eins des Weltverfolgungsindex, wie seit 1992, mit Ausnahme von 2022, als Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban den WVI anführte. Christen sind gezwungen, ihren Glauben in völliger Geheimhaltung zu praktizieren. Berichte über Razzien gelangen nur selten in die internationalen Medien, aber ein Beispiel wurde im April 2023 bekannt, als sich fünf Christen in einem abgelegenen Bauernhaus im Zentrum Nordkoreas zum Gebet versammelten, nur um festzustellen, dass die Polizei von einem Informanten benachrichtigt worden war und auf sie wartete. Den fünf verhafteten Christen drohen nun Jahre der Zwangsarbeit unter menschenunwürdigen Bedingungen. In Nordkorea gibt es etwa 200‘000 politische und religiöse Gefangene, die in mehreren über das ganze Land verteilten Lagern festgehalten werden. Schätzungsweise 50‘000 bis 70‘000 von ihnen sind Christen, die nur aufgrund ihres Glaubens inhaftiert sind.

Die vorderen Ränge des WVI 2024

  1. Nordkorea (1)
  2. Somalia (2)
  3. Libyen (5)
  4. Eritrea (4)
  5. Jemen (3)
  6. Nigeria (6)
  7. Pakistan (7)
  8. Sudan (10)
  9. Iran (8)
  10. Afghanistan (9)

Weitere Details zu den Ländern und alle Infos zum Weltverfolgungsindex 2024 unter: www.opendoors.ch/index

Quelle: Medienmitteilung Open Doors