Als gläubiger Katholik kritisiere ich nur ungern den Papst. Angesichts sich häufender verwirrender Äusserungen von Franziskus zum Islam, bleibt mir allerdings nichts anderes übrig.

Kommentar von Dominik Lusser

Gefragt, ob die derzeitige Furcht Europas vor dem Islam gerechtfertigt sei, sagte Papst Franziskus am 16. Mai 2016 gegenüber der französischen Zeitung La Croix: „Ich glaube nicht, dass es heute eine Furcht vor dem Islam als solchen gibt, aber vor dem IS und dessen Eroberungskrieg.“ Es sei wahr, dass die Idee der Eroberung zur Seele des Islam gehöre. Allerdings sei es ebenso möglich, die Aussendung der Jünger zu allen Nationen durch Jesus in diesem Sinne zu verstehen, so Franziskus. Schon bei anderen Gelegenheit hatte der Papst relativierend über das Verhältnis des Islam zur Gewalt gesprochen, und damit bei vielen Katholiken Unverständnis ausgelöst. So behauptete er 2013 im Schreiben „Evangelii gaudium“: „Der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Korans stehen jeder Gewalt entgegen.“ Sein Vorgänger Benedikt XVI. hatte hingegen mehrmals mit deutlichen Worten die Nähe des Islam zur Gewalt kritisiert.

Die gute Absicht des argentinischen Papstes will ich nicht in Abrede stellen. Es ist an sich ein guter Zug, überall nach dem Positiven und Verbindenden zu suchen. Es ist dies die Optik der Erklärung „Nostra aetate“ von 1965, welche die Beziehung zwischen der katholischen Kirche und den nichtchristlichen Religionen neu regeln sollte. Papst Benedikt XVI. regte allerdings schon 2012 eine notwendige Ergänzung dieses Textes an, der nur positiv von Religion spreche und die „kranken und gestörten Formen von Religion“ bei Seite lasse. Wenn Franziskus alles Negative vom Islam abspaltet oder relativiert, so geschieht dies vor dem Hintergrund eines Religionsbegriffs, wonach religiös begründete Gewalt ein Widerspruch in sich, ein Sakrileg gegenüber Gott als Schöpfer darstellt. Doch ist dieser Religionsbegriff eben gerade nicht islamisch, sondern westlich. Er ist Ausdruck davon, dass der christliche Glaube von Anfang an – nach innen wie nach aussen – religionskritisch gewesen ist. Als Appell an die Muslime, wie es eigentlich sein sollte, ist darum das Islambild von Papst Franziskus treffend; in diesem Sinn hatte es auch Benedikt XVI. 2006 bei seiner Regensburger Rede verwendet, die in der islamischen Welt allerdings Empörung hervorrief und sogar christliches Blut forderte. Als Beschreibung des real existierenden Mainstream-Islam, seiner Lehre genauso wie seiner Praxis, ist der „franziskanische“ Islam hingegen eine gefährliche Selbsttäuschung. Dem Islam eine innere Affinität zu Gewalt und Intoleranz abzusprechen bedeutet ferner, radikal mit der Absicht seines Gründers zu brechen: Wenn Christen im Namen Gottes Gewalt verüben, dann ist das ein Widerspruch zum Evangelium. Wenn hingegen Muslime im Namen Allahs töten, kann niemand behaupten, sie hätten den Koran falsch verstanden. Darum ist ein Vergleich des islamischen Eroberungsdrangs mit der Aussendung der Jünger Jesu auch nicht dienlich.

Orientierung kann Franziskus auf diese Weise den Europäern jedenfalls nicht geben, richtig mit der islamischen Masseneinwanderung umzugehen. Im Gegenteil begünstigt er damit – so meine Befürchtung – die Verbreitung des sozialistischen Multikulti-Pseudo-Evangeliums unter Christen. Es ist schwer nachvollziehbar, wie der Papst, der bei anderen heissen Eisen wie ein Fels in der Brandung steht, sich beim Thema Islam einfach der politischen Korrektheit zu beugen scheint, die Europa in den Abgrund treibt.