In Deutschland wurde vor zwei Jahren am 27. Januar 2020 die erste Infektion mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 festgestellt. Die Pandemie hat sowohl den Alltag als auch den Glauben vieler Menschen beeinträchtigt. Laut einer Studie des Mediziners Arndt Büssing (Witten/Herdecke) haben immer mehr Menschen im Laufe der Pandemie ihren Halt im christlichen Glauben verloren. Er stellte seine Studienergebnisse auf dem christlichen Gesundheitskongress vor, der als virtuelle Veranstaltung vom 16. bis 22. Januar stattfand. Das christliche Medienmagazin PRO berichtet auf seiner Website über seinen Vortrag.

Viele Menschen fühlten sich durch die Corona-Pandemie sozial isoliert, obwohl das nicht immer den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche, so Büssing. Das religiöse Vertrauen in eine höhere Macht und tägliches Gebet als Ressource im Alltag nahmen vom ersten Lockdown bis zur vierten Infektionswelle Ende des Jahres 2021 deutlich ab. Durch die Corona-Pandemie hätten sich viele Menschen verstärkt einsam gefühlt. Angststörungen hätten um 26 Prozent und schwere Depressionen um 28 Prozent zugenommen, zitierte er die Studie eines internationalen Forscherteams aus dem vergangenen Herbst.

Enttäuschung und Einsamkeit

Büssing ist Lehrstuhlinhaber für Medizintheorie mit dem Arbeitsschwerpunkt „Lebensqualität, Spiritualität und Coping“ an der Universität Witten/Herdecke. In verschiedenen Studien und Untersuchungen erforschte er zusammen mit anderen Wissenschaftlern, wie sich die Corona-Pandemie auf Leben und Wohlbefinden der Menschen auswirkt. Stimmten zu Beginn der Krise noch um die 40 Prozent der Menschen zu, dass Gottvertrauen und tägliches Gebet sie stärke, waren es in der vierten Welle unter 30 Prozent, die in einer höheren Macht vertrauten und etwa 15 Prozent, die tägliches Gebet als Ressource nutzten. „Viele Menschen scheinen ihren Glauben verloren zu haben“, schlussfolgerte Büssing. Von diesen Menschen hätten sich zudem viele einsam und sozial isoliert gefühlt. Das Interesse an Spiritualität sei nach der zweiten Welle deutlich zurückgegangen. Das könne zum Beispiel daran liegen, dass auch das Kirchen- und Gemeindeleben eingeschränkt war. Befragungen hätten gezeigt, dass viele Gläubige zudem enttäuscht waren, dass ihre Kirche oder Gemeinde keine Antworten oder zu wenig Zuspruch lieferten.

Allensbach-Umfrage: Pandemie hinterlässt mentale Spuren

Generell fühlt sich die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland gegenwärtig schlechter als vor dem Ausbruch der Pandemie. Dies geht aus einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach hervor, über deren Ergebnisse die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet. Demnach gaben 60 Prozent der Befragten an, sich mental schlechter zu fühlen als vor zwei Jahren. Lediglich einem Prozent geht es heute mental besser als vor zwei Jahren. 71 Prozent belastet die Situation, gut ein Fünftel der Bevölkerung sogar „massiv“. Frauen fühlen sich stärker belastet als Männer. Ihr Leben hat sich auch stärker verändert: 48 Prozent der Männer und 57 Prozent der Frauen berichten, dass sich ihr Leben durch die Pandemie gravierend verändert hat. Der Anteil der Bevölkerung in Deutschland, der sein gewohntes Leben auch in der Pandemie ohne nennenswerte Abstriche fortführen konnte, macht knapp neun Prozent aus; dabei handelt es sich überwiegend um ältere Menschen.

Quelle: APD, Medienmagazin PRO