Medienmitteilung von HLI Schweiz vom 3. Juni 2014:
Der Nationalrat hat sich heute mit 138 zu 38 Stimmen bei 13 Enthaltungen für eine nahezu schrankenlose Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) ausgesprochen. Sie macht einzelne Menschen vom gezeugten Geschöpf zum bestellten Produkt. Um diese neue eugenische Mentalität zu ermöglichen, muss Art. 119 der Bundesverfassung geändert werden. Sie wirft einen Schatten auf alle Menschen, welche seit Geburt oder später durch Krankheit und Unfall beeinträchtigt sind.

Gemäss der weltweit grössten Datensammlung (ESHRE) werden pro Geburt nach PID rund 40 Embryonen vernichtet. Der Embryonenschutz wurde heute durch den Nationalrat faktisch aufgehoben. Das rigorose Testen und Selektieren menschlicher Embryonen wirft auch einen Schatten auf all jene, die behindert geboren wurden oder durch Krankheit oder Unfall beeinträchtigt sind. Wird sich die bei Embryonen angeblich zulässige eugenische Mentalität bald auch auf die Geborenen auswirken? Die Verfassung sollte uns davor schützen. Mit einem Bruch früherer Versprechungen des Bundesrates und des Parlamentes wird sie nun gelockert. Zudem muss betont werden, dass die Unabhängigkeit bei Aufsicht, Kontrolle und Statistik in der Fortpflanzungsmedizin seit Jahren nicht funktioniert, denn die Fortpflanzungsmediziner kontrollieren sich weitgehend selber. Sie bereiten sowohl die Statistik im Auftrag des Bundesrates auf und stellen sogar eigene Inspektoren für die Legalinspektionen der Fortpflanzungsmedizin-Praxen. Damit wird eine unabhängige gesundheitspolizeiliche Aufsicht der Kantone bereits heute unterlaufen.
Der Bundesrat hat die Erhebung der Statistik der Fortpflanzungsmedizin unnötigerweise anonymisiert. Die Kontrollmöglichkeit wurde damit künstlich erschwert. Jüngstes Beispiel: In der von FIVNAT und BfS veröffentlichten Statistik zur Fortpflanzungsmedizin 2012 finden sich 12 Zyklen, bei denen mehr als 3 Embryonen eingepflanzt wurden. Dabei handelt es sich um ein Offizialdelikt, das mit Fr. 100’000.- Busse oder Haft zu bestrafen ist. Nachdem alle Kantonsärzte vor drei Wochen in einem eingeschriebenen Brief zur Aufklärung des Sachverhalts aufgefordert worden sind, laufen gegenwärtig Untersuchungen wenigstens in den Kantonen Aargau und St. Gallen. Der Nationalrat hat seinerzeit eine Kommissionsmotion angenommen (08.3751), welche die mangelnde Unabhängigkeit bei der Aufsicht und Kontrolle der Fortpflanzungsmedizin beheben wollte. Sie wollte verhindern, dass die Fortpflanzungsmedizinlobby – gegen Sinn und Geist des ursprünglichen Gesetzes – sich selber kontrolliert. Leider wurde dieser Vorstoss vom Ständerat abgewürgt. Der Nationalrat scheint die damals gewonnen Erkenntnisse nicht mehr präsent zu haben. Ohne Debatte hat er heute auf Gesetzesstufe dem Bundesrat die Kompetenz gegeben (Art. 12 Abs.3), dass Organisationen und Private mit Kontrollaufgaben betraut werden können. Er hat damit klar verpasst, die notwendige Unabhängigkeit für die Aufsicht und Kontrolle der Fortpflanzungsmedizin durchzusetzen.

Klar ist, dass der Widerstand gegen einen solchen Verfassungsartikel und das eugenische Fortpflanzungsmedizingesetz gross sein wird.

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