Jahrelang dominierten Salafisten und der IS das Bild radikalisierter Muslime. Doch nun entstehen seit einiger Zeit neue islamistische Gruppierungen.

Der deutsche Verfassungsschutz warnte kürzlich vor einer neuen islamischen Gruppe namens „Muslim Interaktiv“. Dies berichtet die Hamburger Morgenpost vom 6. Dezember 2020. Die Gruppierung sei in Hamburg ansässig und würde über soziale Netzwerke gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen, um Kinder und Jugendliche zu instrumentalisieren.

Tausende Menschen entwickeln sich auf YouTube, Facebook und Instagram bereits zu ihren Anhängern. Die Akteure docken dabei an jugendrelevante Debatten an. Die Strategie ist bewusst gewählt, wie es scheint. Schliesslich ist die Hälfte der Muslime weltweit unter 25 Jahren, sie sind Internetnutzer und dabei v.a. auch typische Freunde-Sucher, Anstupser und Gefällt-mir-Button-Klicker bei Facebook und Co. Das beurteilt auch der Verfassungsschutz so: „Zielgruppe von ‚Muslim Interaktivʻ sind vornehmlich junge Muslime, die in Deutschland leben“, so Marco Haase, Sprecher des Verfassungsschutzes. „Sie nutzen die Reaktionen auf die Anschläge in Wien und Frankreich, um Muslime öffentlich als angebliche Opfer staatlicher Repression darzustellen und die vermeintlich vorherrschende, generelle Islamfeindlichkeit in der westlichen Welt zu betonen“, so Haase weiter. „Muslim Interaktiv“, betrieben laut Verfassungsschutz von etwa 100 aktiven Mitgliedern, würde ähnlich wie „Generation Islam“ (GI) und „Realität Islam“ (RI) zum ideologischen Umfeld der Hizb ut-Tahrir (Partei der Befreiung) gehören, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung seien und Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele befürworteten. Seit 2003 gilt für diese ein Betätigungsverbot.

All die neuen Gruppierungen werden vom deutschen Verfassungsschutz „legalistische Islamisten“ genannt. Laut einer Umfrage der TV- und Radiosender SWR und BR unter allen Verfassungsschutzämtern in Deutschland hat der „legalistische Islamismus“ mehr als 13’000 Anhänger. In fast allen Bundesländern gibt es demnach Moscheegemeinden mit Bezügen in das legalistische Islamismus-Milieu.