Schönheit liegt im Auge des Betrachters, sagt ein bekanntes Sprichwort. Schnell einig sind sich jedoch die meisten Betrachter, wenn sie den Blick in die Natur werfen.
Wir empfinden zum Beispiel die meisten Schmetterlinge als schön. Ihre Schönheit kommt besonders dann zur Geltung, wenn sie in einem Schwarm absitzen und ihre farbigen Flügel auseinander falten. Dabei fällt es uns schwer zu beschreiben, warum ein Schmetterling schön ist. Man kennt zwar gewisse Gesetze, welche die schönen Dinge gemeinsam haben. Dazu gehört zum Beispiel der „goldene Schnitt“ oder die Farbenlehre. Doch diese sind völlig unzureichend, um die farbigen Schmetterlingsflügel treffend zu beschreiben.

Besonders spannend wird es, wenn man nach ihrer Entstehung fragt. Da ist zuerst ein kleines unscheinbares Ei, das an einer Pflanze angeklebt wurde. Auf geheimnisvolle Weise findet der eierlegende Falter die richtige Nahrungspflanze. Nach einigen Tagen schlüpft ein kleines Würmchen aus und beginnt von der Pflanze zu fressen. Es wird immer grösser und muss daher mehrmals die Haut abstreifen, weil diese zu eng geworden ist. Schliesslich ist die Raupe gross genug, sie sucht einen ruhigen Ort und verwandelt sich in eine Puppe. Innerhalb der Puppe entsteht zunächst ein Brei, der sich in kurzer Zeit in einen Schmetterling verwandelt. Er sprengt die Puppe auf und faltet die Flügel langsam auseinander. Wie war es möglich, dass sich diese Flügel im zusammengefalteten Zustand so vollkommen gebildet haben? Kennen Sie einen Weber, der ein Tischtuch im zusammengefalteten Zustand weben kann?

Beeindruckende Pracht: Schmetterling, Pfau und Co.

Vier Mal findet im Leben eines Schmetterlings eine vollständige Umwandlung statt: Zuerst vom Falter zum Ei, dann vom Ei zur Raupe, weiter von der Raupe zur Puppe und schliesslich von der Puppe zum Falter. Bei einigen Arten zeigt die Flügelunterseite ein völlig anderes Bild und andere Farben als die Oberseite. Fragt man die Wissenschaftler, wie denn das alles im Lauf der Erdgeschichte entstanden sei, so meinen die meisten, man wisse es noch nicht.

Das eindrucksvolle Pfauenrad in seiner unnötigen Pracht ist ein weiteres Beispiel, in dem uns der Schöpfer zur Bewunderung nötigt. Die Pfauenweibchen lassen sich eigenartigerweise von der Pracht ihrer Gatten meist nicht besonders beeindrucken. Auch viele Blumen müssten bei weitem nicht so schön ausgebildet sein, wie wir sie kennen. Um die Bienen und andere Insekten anzuziehen, würde es meist genügen, Blütenblätter mit den richtigen Farben wachsen zu lassen. Die Schönheit der meisten Blumen (speziell der Orchideen) scheint keinen besonderen Zweck zu haben. Wenige blühende Pflanzenarten würden ausreichen. Stattdessen gibt es eine riesige Vielfalt der Formen und Farbzusammenstellungen. Die Aeolidier sind winzige Schnecken, die man nur mit einer starken Lupe beobachten kann. Diese Schnecken zeigen raffinierte Musterbildung in lebhaften Farben – obschon sie selbst ganz einfache Augen haben, mit denen sie keine Bilder, nur Helligkeitsunterschiede wahrnehmen können. Der Biologe Adolf Portmann schreibt dazu: „Man sieht bei diesen farbigen Schnecken, wie in ungezählten anderen Fällen, komplizierte Aufbauprozesse für optische Bildungen, die überhaupt keinem anschauenden Organ zugeordnet werden können und trotzdem in Farbe und Form wie auf ‚Sicht‘ hin gebildet erscheinen“.

Als Menschen können wir diese Schönheit in der Natur geniessen, darin den Schöpfer in seiner Schöpfung erkennen2, staunen und ihn loben: „Herr, wie sind deine Werke so gross und viel! Du hast sie alle weislich geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter.“ (Psalm 104, 24)

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1 Adolf Portmann: Meerestiere und ihre Geheimnisse, Reinhardt-Verlag, Basel, 1958, S. 73
2 ProGenesis (Hrsg.): 95 Thesen gegen die Evolution, clv, 2009, S. 191–192

Von Hansruedi Stutz