Die aktuell von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verhandelten Verträge haben es in sich: Schwere Einschränkungen für die Mitgliedstaaten und die Bevölkerung drohen. Der Zürcher Rechtsanwalt Philipp Kruse klärte anlässlich einer Veranstaltung des Vereins „Bürger für Bürger“ Ende März 2023 darüber auf. Es ist höchste Zeit, die Augen zu öffnen.

Von Ralph Studer

Die gegenwärtige Entwicklung auf Stufe WHO ist nur unter Berücksichtigung der Corona-Jahre verstehbar, leitete Kruse seine Ausführungen ein. Dabei sind die laufenden Vertragsverhandlungen von besonderem Interesse für die Schweiz, da sie die Demokratie und den Rechtsstaat als Grundpfeiler unseres Staates berühren. Wesenskern unserer Verfassung ist die Gewaltenteilung (Exekutive, Legislative und Judikative), die jedoch in den letzten drei Jahren nicht funktionierte und zu einer massiven Machtanhäufung beim Bundesrat führte. Dieser Umstand verlange nach Antworten und Aufarbeitung. Der Referent machte deutlich, dass nach dem Konzept der Gewaltentrennung keine der drei Gewalten die Verfassung dauerhaft verletzen kann, ohne dass ein Kontroll- und Korrekturmechanismus durch die anderen Gewalten erfolgt. Eine lebendige Demokratie verlange zudem zwingend eine unverfälschte Meinungsbildung. Diese ist allerdings bedroht, wenn die Berichterstattung – wie in der Corona-Zeit – auf dauerhafter Desinformation und Manipulation durch Angst und Panik beruht, so der Rechtsanwalt.

Kinder litten besonders

Obwohl selbst das Bundesgericht den PCR-Test für eine Krankheitsdiagnose als ungeeignet ansehe und diesen als wenig aussagekräftig einstufe, würden diese Tests weltweit weiter durchgeführt, so Kruse. Zudem erklärte Bundesrat Cassis in der Arena-Sendung vom 7. Januar 2022 ausdrücklich, dass z.B. Unfalltote, die einen positiven Corona-Test aufweisen, im System als „Corona-Tote“ erfasst werden. Dies sei umso gravierender, als die staatlichen Behörden gestützt auf diese Zahlen gravierende Freiheitseinschränkungen anordneten. Kruse verwies zudem auf die massiv erhöhten CO2-Werte bei der Rückatmungsluft unter den Masken bei Kindern, die Verdopplung der Suizidversuche bei Minderjährigen und die überfüllten Kinderpsychiatrien.

WHO in der Kritik

Mit zunehmender Dauer der Corona-Pandemie standen die WHO und ihre Empfehlungen je länger je mehr in der Kritik, so Kruse. Davon zeugten die unverhältnismässigen Lockdowns und die dadurch entstandenen massiven Schäden für die psychische und physische Gesundheit der Menschen, die Wirtschaft und den Staatshaushalt, die Zutrittsbeschränkungen für sportliche und kulturelle Anlasse und die mittlerweile bekannten Impfschäden. Zudem ist vielen Bürgern gar nicht bewusst, dass der seit dem 30. Januar 2020 ausgerufene „Notstand von internationaler Tragweite“ wegen Corona bis heute von der WHO noch immer nicht zurückgenommen wurde.

Nicht nur die WHO-Massnahmen wurden kritisch gesehen, auch die WHO und ihre Finanzierung warfen Fragen auf. In Anbetracht der hohen Beiträge von Privaten kann kaum von einer unabhängigen Organisation gesprochen werden. Mehr als 80 Prozent des WHO-Budgets werden nicht von den Mitgliedstaaten, sondern unter anderem auch von privaten Geldgebern wie der Bill & Melinda-Gates-Stiftung oder Gavi Alliance getragen, stellte Kruse fest.

Zwei verschiedene WHO-Verträge

Statt ihre Souveränität auszuüben, haben die staatlichen Behörden diese in der Corona-Zeit freiwillig zugunsten der WHO aufgegeben, hob Kruse hervor. Und gerade diese staatliche Souveränität steht erneut stark unter Beschuss. Die WHO verhandelt aktuell zwei verschiedene Verträge mit den Mitgliedstaaten: Anpassungen des Vertrags bezüglich der internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) und einen gänzlich neuen Pandemievertrag.

Über die Zielsetzung des Bundesrats in diesen Verhandlungen ist wenig bekannt, obwohl der Pandemievertrag bereits an der WHO-Generalversammlung im Mai 2024 verabschiedet werden soll. Bekannt ist immerhin, dass der Bundesrat eine starke WHO anstrebt, hielt Kruse gestützt auf bundesrätliche Aussagen fest.

Gleichheit statt Menschenrechte?

Die vorgesehenen Änderungen des IHR stehen in engem Zusammenhang mit dem Pandemievertrag. Sollten die IHR-Änderungen ratifiziert werden, würde dies die Macht der WHO enorm erweitern. Kruse zeigte auf, wie in Artikel 1 der IHR der Passus „non binding“ (nicht bindend) gestrichen werden soll und so aus den bisherigen WHO-Empfehlungen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten würden. In Artikel 3 „Prinzipien“ würden die Worte „unter Achtung der Würde, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten der Personen“ gestrichen. Stattdessen sollen die Vorschriften auf „Gleichheit“, „Inklusion“ und anderem basieren.

Interessanterweise – so führte der Rechtsanwalt aus – war der bisherige Wortlaut von Artikel 3 zum Schutz der Menschenrechte im Jahre 2005 auf Antrag von Staaten aus der Zweiten und der Dritten Welt aufgenommen worden, um einem neuen Kolonialismus entgegenzuwirken. Ersetzt werden soll neu der Schutz der Menschenrechte durch das Konzept „Equity“. Damit ist gemeint, dass alle Mitgliedstaaten den gleichen Zugang zu Gesundheitseinrichtungen, zu denselben Impfstoffen und denselben Tests haben sollen, erklärte Kruse.

Machtkonzentration beim WHO-Generaldirektor

Für die Frist zur WHO-Meldung eines Ereignisses von epidemiologischer Tragweite haben die Staaten nach dem aktuellen Entwurf zu den IHR neu 48 Stunden Zeit. Dies ist unrealistisch kurz, da den Staaten so kaum Zeit bleibt, die Entwicklung des viralen Geschehens zu untersuchen und entsprechende Schlüsse daraus zu ziehen. In Kombination mit dem zur Revision vorgeschlagenen Artikel 12 IHR könnte hier eine Art „Mechanismus zur erleichterten Selbstermächtigung“ des WHO-Generaldirektors entstehen, betonte der Rechtsanwalt. Dieser entscheide und informiere sämtliche Mitgliedsstaaten über den öffentlichen „Gesundheitsnotfall“. Durch die als bindend erklärten „Empfehlungen“ in Artikel 1 verfüge der WHO-Generaldirektor in Verbindung mit diesem Artikel 12 über eine unglaubliche Machtfülle, die zu einem massiven Souveränitätsverlust der Mitgliedstaaten und Einschränkungen der individuellen Freiheitsrechte führen könne.

Gravierend ist hierbei nach Kruse vor allem, dass die WHO mit diesem Instrument für unbestimmte Zeit einen „Notfall“ ausrufen und die Menschenrechte, die Gewaltenteilung und unsere Bundesverfassung dauerhaft ausser Kraft setzen kann. Ein solches Vorgehen entziehe den Mitgliedstaaten jegliche Einflussnahme auf die WHO-Entscheidung und bedeute einen massiven Kontrollverlust. Nicht einmal die Voraussetzungen für die Ausrufung einer WHO-Pandemie werden künftig überprüft werden können. Während dieser Phasen wird der Schutz der Menschenrechte der Gleichheit als regulierendem Prinzip untergeordnet, warnte Kruse. In Zukunft werde sich niemand mehr auf das Selbstbestimmungsrecht bei medizinischen Eingriffen berufen können.

Diese Bündelung der Macht bei der WHO ist auch daran erkennbar, so der Referent, dass keine Mechanismen zur Kontrolle des WHO-Generaldirektors vorgesehen sind und die WHO keine Rechenschaft abzulegen hat. Dies stelle einen eklatanten Verstoss gegen das Prinzip der Gewaltenteilung und gegen universelle Prinzipien der Qualitätskontrolle dar.

Kritik an IHR- und Pandemievertrag

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die WHO auf diese Weise eine „Pandemie“ auch ohne triftigen Grund weltweit ausrufen und für alle Staaten „verbindlich“ erklären kann. Daraus resultiert eine dauerhafte Beseitigung von Souveränität, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung, eine Suspendierung der Grundfreiheiten und Bedrohung der Gesundheit, betonte Kruse. Der Entscheid über diesen IHR-Vertrag ist in der WHO-Generalversammlung im Mai 2024 geplant.

Ähnlich gelagert ist die Problematik beim beabsichtigten Pandemievertrag. Zwar erwähnt Artikel 14 des Pandemievertrags die Menschenrechte, so Kruse, und hält das Prinzip der Verhältnismässigkeit bei der Einschränkung von Freiheitsrechten fest. Jedoch könnten diese „ausgehebelt“ werden, wenn es dem Schutz der öffentlichen Gesundheit diene, was in der Covid-19-Krise als alles überragende Rechtfertigung von Behörden und Gerichten weltweit genutzt worden sei. Artikel 16 sieht zudem eine Umsetzung auf allen Stufen des Staates, der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft vor. Kruse spricht in diesem Zusammenhang von einem „Top-Down-Approach der WHO“, d.h. die Massnahmen werden „oben“ auf Stufe WHO angeordnet und „unten“ – ohne jedes Mitspracherecht – auf Stufe Nationalstaat umgesetzt.

Wider die Meinungsfreiheit

Besonders einschneidend ist Artikel 17 des Pandemievertrags, der u.a. ausführt, dass die Staaten die sozialen Medien beobachten, um die Verbreitung von Fehl- und Falschinformationen zu ermitteln und eine Nachrichtenstrategie zu entwickeln, um diesen entgegenzuwirken. Es stellt sich dabei die Frage, wer darüber entscheidet, was als „Fehl- oder Falschinformation“ zu gelten hat. Die Wissenschaft? Gerade dieser Passus öffnet Tür und Tor zur Ausschaltung unliebsamer und kritischer Ansichten und stellt eine gravierende Gefahr für die Einschränkung der Meinungsfreiheit dar. Kruse führte deshalb zu Recht aus, dass dieser Vertragsartikel das Recht und die Macht der WHO zur einseitigen Information und Zensur stärkt, wodurch eine unverfälschte Meinungsbildung der Bevölkerung von vornherein ausgeschlossen wird.

„One Health Approach“ als Ausweitung möglicher Pandemie-Gründe

Wie weit dieser Pandemievertrag geht, zeigte Kruse gegen Ende seines Referats deutlich auf. Artikel 18 sieht einen „One Health Approach“ vor. Die Vertragsparteien sollen sich verpflichten, bei der Pandemieprävention und Wiederherstellung der Gesundheitssysteme einen „einheitlichen Gesundheitsansatz“ zu fördern und umzusetzen. Dabei sollen die Staaten bei Planungen und Prävention auch „Krankheiten an der Schnittstelle von Mensch-Tier-Umwelt“ einbeziehen, „einschliesslich, aber nicht beschränkt auf Klimawandel“. Kruse warnte eindringlich, dass vage gehaltene Aspekte der Tierwelt und des Klimawandels Tür und Tor öffneten für jegliche ideologische Begehrlichkeiten und Massnahmen mit möglichen gravierenden Einschränkungen für die Menschenrechte.

Was tun?

Sollten diese beiden Verträge in dieser Form in Kraft treten, mahnte Kruse, sei die Souveränität der Schweiz in einem nie dagewesenen Ausmass bedroht. Die Bundesverfassung könnte dauerhaft ausser Kraft gesetzt werden ohne jeden Korrekturmechanismus. Kruse zeigte sich kämpferisch. Er sieht als realistischen Weg aus dieser Gefahrenzone den Austritt aus der WHO bzw. eine massive Kürzung der Beitragszahlungen oder einen gänzlichen Finanzierungsstopp. Statt einer Zentralisierung auf WHO-Ebene sei es – im Sinne des Subsidiaritätsprinzips – zielführender, die Autonomie der Schweiz im Gesundheitswesen zu stärken und einer Entmachtung der Schweiz mit aller Kraft entgegenzuwirken. Kruse ist überzeugt: Dies verlangt umgehend eine vertiefte Aufklärung der Bevölkerung über die bestehenden Risiken dieser Verträge und die Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Schichten und aller Parteien zum Wohle des Landes.