Ein Schweizer Dokumentarfilm beleuchtet das „Tabu Abtreibung“ aus ungewohnten Perspektiven.

Von Regula Lehmann

Nachdem mit „Unplanned“ ein Film über Abtreibung in den USA hohe Wellen geschlagen hat, rücken der Schweizer Filmemacher Tom Sommer und sein Team die Thematik auch in der Schweiz neu in den Fokus der Öffentlichkeit. „Power Woman“ erzählt die Geschichten von Frauen aus verschiedenen Ländern, die eine Abtreibung erlebt haben und zeigt auf, was Betroffene aller Kulturen verbindet. Im Interview mit Livenet erklärt Tom Sommer: „Die Produktion des Films geht auf spezifische Erfahrungen des Teams zurück. Hier in der Schweiz und im Ausland ist uns bewusst geworden, wie sehr das Thema der ungewollten Schwangerschaften tabuisiert und somit nicht diskutiert wird.“ Im Gegenteil stünde schnell der Abbruch der Schwangerschaft zuoberst auf der Optionenliste – wenn überhaupt über Alternativen gesprochen werde, so der Filmemacher. „Vielleicht könnte man von einem Entscheidungsautomatismus sprechen, den wir in Frage stellen wollen.“ Es gehe ihm und seinem Team um eine Sensibilisierung für ein heikles Thema, worüber wir alle vermehrt lernen müssten, nachzudenken und zu sprechen.

Länder- und kulturübergreifende Übereinstimmungen

Ob in Ruanda, Brasilien, China, Israel oder Russland: In den meisten Fällen spielen Männer eine eher unrühmliche Rolle, indem sie Druck ausüben, die Schwangerschaft abzubrechen oder sich absetzen, sobald sie von ihrer Vaterschaft hören. Zu hoffen wäre, dass das im Film gezeigte Beispiel eines Schweizer Vaters Schule macht. Ebenfalls länderübergreifend ist laut „Power Woman“ bei betroffenen Frauen und Familien häufig Scham, Unverständnis und nachfolgender Druck für eine „schnelle Lösung“ im Spiel. Sich diesem nicht zu beugen, erfordert in einer Notsituation eine schon fast übermenschliche Kraft. Frauen im Schwangerschaftskonflikt brauchen Verbündete und gerade diesbezüglich spielt das kulturelle Umfeld eine wichtige Rolle. Hinzu kommen finanzielle Voraussetzungen, die in der Schweiz deutlich besser sind als in anderen Ländern. Auch die Bemühungen der öffentlichen Hand und privatrechtlicher Institutionen sind in der Schweiz zahlreich, teilweise jedoch noch zu wenig bekannt. Insbesondere wenn eine Schwangerschaft die Weiterführung einer Ausbildung oder eines Studiums zu verunmöglichen scheint, sollten junge Frauen unbedingt über die Fakten zu den Möglichkeiten informiert werden. „Es gibt ein Leben mit Kind“ ist die Botschaft, die werdende Mütter hören müssen, um nicht nur Unmöglichkeiten zu wälzen, sondern verschiedene Möglichkeiten abzuwägen.

Mit „Power Woman“ wird der Schweizer Bevölkerung ein Steilpass zugespielt, den sie nicht ins Leere laufen lassen sollte. Insbesondere junge Menschen sind durchaus offen für ungewohnte Blickwinkel und authentische Geschichten. Und sie lassen sich berühren, wenn ihnen erklärt wird, was sie bisher noch nie gehört haben, weil häufig nur sehr selektive Informationen vermittelt werden. „Power Woman“ – damit Frauen kraftvolle Entscheidungen treffen können.

Die Vorführungen:

21. Januar 2020, 18.00h: Kino Orient, Wettingen, Landstrasse 2
22. Januar 2020, 18.00h: Kino Rex, Bern, Schwanengasse 9
28. Januar 2020, 19,30h: Kinobar Leuzinger, Rapperswil, Ob. Bahnhofstr. 46

Trailer ansehen unter: powerwoman.life