Mein Name ist Bilen K. Es ist das erste Mal, dass ich einen solchen Brief veröffentliche. Aber zuviel ist geschehen und ich kann nicht mehr länger zusehen. Meinen Nachnamen werde ich Ihnen nicht nennen, weil es meiner Familie, die ein Teil der muslimischen Community in der Stadt, die meine Heimatstadt und gleichzeitig die Stadt, der Sie vorstehen wollen ist, sehr schaden könnte.
Ich wohne heute mit meinem französischen Mann und meiner Familie in der Schweiz und man könnte meinen, dass ich Duisburg vergessen habe, weil ich schon lange fort bin und es mir hier gefällt. Aber ich muss oft an Duisburg denken und ich bin schockiert über die Entwicklungen in meiner alten Heimatstadt. Ich erinnere mich noch gut, wie ich als kleines Mädchen täglich mit meiner Mutter und meinen Geschwistern ins Rheinkaufhaus auf der Wanheimer Straße in Duisburg-Hochfeld ging. Hochfeld war unser Viertel. Hier bin ich aufgewachsen. Damals wusste ich noch nicht, wie dieses Viertel aussehen würde, wenn ich einmal eine Frau mit einer eigenen Familie bin. Ich habe neulich von einer Freundin gehört, was heute auf den Straßen Hochfelds geschieht. Man ruft faschistische Dinge und verkauft Hitler-Bücher. Das hat mich sehr schockiert.

Meine Familie war damals schon fromm muslimisch und unser Lieblingsthema war, aus Hochfeld ein Stadtviertel ohne Deutsche zu machen. Ich habe lange gedacht dass es so ganz normal wäre, aber nachdem ich als Jugendliche begonnen hatte, nachzufragen und immer nur die Antwort bekam, dass wir mit den Ungläubigen nichts zu tun haben wollen und dass aus mir keine Hure werden soll, habe ich irgendwann auch in der Schule Kontakte zu deutschen und anderen nicht-muslimischen Mädchen gesucht. Ich nehme an, damals waren Sie ein junger Mann und haben an der Uni ihre Träume wie z.B. Zusammenleben der Kulturen entwickelt.

Auch wenn ich in Deutschland geboren bin und Duisburg meine Heimatstadt ist, fühle ich mich trotzdem als türkische Frau. Aber wissen Sie was? Bei meiner Familie und dem Ort in der Türkei, von wo meine Verwandten gebürtig kommen, kann ich meinen Lebenstraum nicht leben. Ich glaube nicht, dass Sie sich eine Vorstellung davon machen, was ein muslimisches Mädchen alles zu hören bekommt, wenn sie versucht, ein eigenes Leben zu leben. Ich meine damit noch nicht einmal in der Türkei, sondern in Deutschland. In Duisburg.

Nach und nach habe ich als Jugendliche mit angesehen wie immer mehr muslimische Geschäfte in unserem Viertel geöffnet haben. Weil die Deutschen unsere Leute nicht verstanden haben, war es für unsere Männer und Jungen einfach, hinter den deutschen Mädchen schmutzige Ausdrücke zu rufen und unsere Mütter machten Flüche und freche Bemerkungen, zum Beispiel gegenüber einer Kassiererin, die sie noch nicht einmal kannten und die sie nicht verstand. Mir ist aber aufgefallen, dass die meisten Deutschen nett zu uns waren. Sie wussten ja auch nicht, was wir über sie dachten.
Ich habe mir manchmal gewünscht, dass meine Mutter mit einer deutschen Frau wirklich reden würde um festzustellen, dass auch diese Frau eine ganz normale Frau mit einer Familie und nicht eine „ungläubige Hure“ ist. Aber mit Ungläubigen wollte man bei uns nichts zu tun haben. Können Sie mir folgen?

Ich könnte Ihnen viel von dem Leid erzählen was ich erlebt habe, weil ich ein westliches Leben wie meine Schulkameradinnen führen wollte. Aber ich liebe meine Familie, obwohl ich nur ein paar hundert Kilometer weg von ihr leben kann. Zu meinen Eltern habe ich leider kaum noch Kontakt und wenn, dann nur am Telefon und nur wenige Minuten. Für meinen Vater existiere ich nicht mehr. Meine Brüder sind schon vor Jahren straffällig geworden und meine Schwester habe ich schon sehr lange nicht mehr gesehen. Ich habe erfahren, dass sie in der Türkei verheiratet wurde. Die letzte Neuigkeit, die ich über eine Freundin einer Verwandten erfuhr, war der Bericht über eine Nichte, die sich heimlich unter das Messer begibt, damit ihr künftiger Ehemann und ihre Familie nicht herausbekommt, dass er keine Jungfrau heiratet. Sie würden jetzt vielleicht sagen: gut, das ist eben eine andere Kultur. Immerhin hat sie ihr Leben und wenigstens ein bisschen Kontakt zu der Familie. So bin ich es von Menschen wie Ihnen gewohnt. Aber ich bin noch nicht fertig.

Mir geht es besser als meiner Schwester, die heute noch nicht einmal zum Einkaufen vor die Türe geht. Ich habe mittlerweile studiert, habe einige Länder dieser Erde bereist und bin alles in allem eine zufriedene Frau, die ihr Leben selbst bestimmen kann. Ich habe Freunde und Freundinnen aus vielen verschiedenen Ländern, darunter übrigens auch ein paar israelische Menschen, die Sie sicherlich für Kriegstreiber halten. Ich habe einen ganz anderen Eindruck gewinnen dürfen. Ich fühle mich Deutschland und der westlichen Zivilisation für die Freiheit, die ich ihr verdanke, verbunden. Israel habe ich als ein Land kennengelernt, in dem alle Menschen demokratisch wählen und leben dürfen, ohne dass sie dafür von eigenen Landsleuten bedroht werden. Davon kann man in muslimischen Ländern nur träumen. Als Vertreter einer linksgerichteten, pro-islamischen Multikulti-Romantik lesen Sie dies sicher nicht gern.

Seit Ende letzten Jahres muss ich im Fernsehen und in der Zeitung Berichte darüber lesen, wie man radikalen Muslimen erlaubt, in Deutschland Tod den Juden und alte Naziparolen zu skandieren. Und ich muss sehen, wie meine eigenen Landsleute sich wie unverständige kleine Kinder benehmen und in Duisburg, meiner Heimatstadt, andersdenkende Menschen bedrohen und sogar für ihr „südländisches Temperament“ entschuldigt werden.

Ich habe lange gewartet, aber nun will ich es endlich einmal öffentlich sagen. Herr Dierkes, Sie sind ein typischer Vertreter der naiven Politiker in Deutschland. Ich glaube nicht, dass Sie jemals in einem muslimischen Land oder einer muslimischen Familie gelebt haben. Und Sie liegen sehr falsch, Herr Dierkes, wenn Sie glauben, dass diese jungen muslimischen Männer für Frieden demonstrieren.

Ich weiss sehr wohl wie es in muslimischen Verbänden zugeht und wie sehr man an dem Ziel arbeitet, dass Deutschland ein islamisches Land wird. Ich habe meine ganze Kindheit lang nichts anderes gehört und gesehen. Diese Menschen mögen Türken und Muslime sein, aber im Herzen fühle ich für sie nichts als Trauer und Ärger für ihre Naivität, für eine Ideologie, die sie gefangen genommen hat und dafür, dass sie dem Unrecht dienen. Viele meiner jungen Landsmänner wissen nichts, rein gar nichts aus erster Hand über den Konflikt im Nahen Osten. Sie lassen sich von der Hamas, die ohnehin die Medien im Gazakrieg kontrolliert hat, völlig vereinnahmen. Genau wie Sie.

Sie, Herr Dierkes, als Deutscher, der in der Öffentlichkeit steht und diesem Treiben von Verblendung eigentlich Einhalt gebieten sollten, rufen auch noch in das selbe Horn. Warum sind Sie so schwach und stellen sich bewusst an die Seite solcher Schergen, wenn Ihnen durch Ihr Amt eine Verantwortung zu vernünftigem Handeln auferlegt wurde. Ich möchte Sie hiermit fragen, ob Sie schon persönlich Angst vor dem radikalen Islam in ihrer Stadt haben, dass Sie sich in so ein trübes Licht stellen und vorauseilenden Gehorsam gegenüber diesen Radikalen – sei es nun in Gaza oder in Duisburg – leisten müssen? Sie und alle anderen Deutschen – und moderne, westlich orientierte türkische in der Öffentlichkeit stehende Personen, sollten in Duisburg und in anderen Städten, wo sich der radikale Islam ausbreitet, mutig sein und darauf hinarbeiten, dass nicht das geschieht, was man in Deutschland schon einmal erlebt hat. Gerade Sie als Deutscher sollten diesen Antisemiten Einhalt gebieten, anstatt ihnen mit solchen Statements Recht zu geben!

Ich kann mir sehr gut vorstellen, Herr Dierkes, wie Sie am liebsten beim Türken essen gehen, ihr Obst im türkischen Gemüseladen nebenan kaufen und interessiert nachfragen, was Halal bedeutet. Natürlich machen Sie als Linksdenkender vorzugsweise Urlaub in muslimischen Ländern, weil sie meinen, den interkulturellen Austausch zu fördern und zeigen wollen, dass die Deutschen es gut mit Muslimen meinen. Haben Sie jemals in Erwägung gezogen, dass die meisten der fromm praktizierenden Muslime in diesen Ländern – aber auch in ihrer Stadt Duisburg wie beispielsweise die Demonstranten, die für die Hamas auf die Straße gingen – über Ihr devotes Verhalten spotten? Haben Sie ein bisschen Kenntnis der muslimischen Kultur, um zu wissen, dass ihr freundliches Andienen von radikalislamisch Denkenden als Schwäche ausgelegt wird? Dafür fehlt Ihnen wahrscheinlich der praktische Hintergrund mit einer Kindheit wie meine es war.

Wenn Duisburg demnächst endgültig Dank Ihrer Mithilfe vollständig islamisiert sein wird und westlich geprägte TürkInnen der zweiten Generation wie ich diese Stadt nicht mehr betreten können, möchte ich Sie gern noch einmal sprechen und fragen, wie es Ihre deutsche Familie bzw. Ihr deutscher Freundeskreis mit der Sharia, dem islamischen Rechtswesen, hält. Wenn Ihre Frau oder Ihre Freundin ein Kopftuch oder eine Burka anziehen werden muss, um einkaufen zu gehen und Sie sich sorgen müssen, dass sie unbehelligt nach Hause kommt, weil eine Ungläubige Freiwild ist, dann möchte ich sehen, ob Sie weiterhin auf Ihrer einladenden und parteinehmenden Haltung für radikalislamische Gruppierungen wie die Hamas bestehen werden.

Sie rufen zum Boykott gegen Israel auf. Warum rufen Sie nicht zur Abwechslung zur internationalen Ächtung der Hamas auf? Es würde sich lohnen, denn immerhin handelt es sich um eine Organisation, die nicht nur Wohngegenden, Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen ihres Nachbarlandes beschiesst und dabei betet, möglichst viele der dort lebenden Menschen zu verletzen und zu töten, sondern schlichtweg die Häuser ihrer eigenen Bürger vermint, um der Presse möglichst viele Opfer vorzuführen. Und währenddessen freuen sich – von Ihrer öffentlichen Ermutigung beflügelt – in Deutschland weiterhin gewaltbereite Muslime schon darauf, wieder einen Grund zu haben, auch in Duisburg und am liebsten in der ganzen westlichen Welt Gewalt auszuüben, damit sie als islamische Helden dastehen.

Den westlichen Landsleuten unter uns nun erwachsenen Einwanderkindern der zweiten Generation ist diese Entwicklung dank der Mithilfe Ihrer Multikultiträume längst aus der Hand geglitten. Unsere jungen Brüder werden in Moscheen und Koranschulen in Deutschland radikalisiert und Sie tun nichts dagegen. Es scheint Ihnen leichter zu fallen, ein Land, in dem Frauen sich westlich kleiden dürfen und Männer vor Gericht kommen, wenn sie ihre Frauen schlagen, öffentlich zu geisseln; ein Land, das seine Feinde kostenlos medizinisch behandelt und sich seit Jahren um einen Frieden bemüht, indem es Land an seine fanatischen Nachbarn abgibt. An Nachbarn, die schon ihre Kleinkinder zum Morden im täglichen Fernsehen erziehen und das Blut ihrer Nachbarn sogar für lebensrettende Maßnahmen ablehnen, weil es nach ihrem Glauben „unrein“ ist.

So lieber Herr Dierkes, nun habe ich mir Luft gemacht. Denn seit Wochen möchte ich einem von Ihnen naiven deutschen Politikern einfach einmal sagen, wie mir als westlich orientierte Migrantin zumute ist. Ja, ich habe trotz allem was ich da sehe, meine Religion behalten. Doch meine Religion schenkt mir kein Gehör, wenn ich eine Antwort möchte auf die muslimischen Aufrufe zum Mord an Juden und Christen, sie bietet mir keine Antwort darauf, warum sich eine junge Frau zunähen lassen muss, um einen muslimischen Mann zu heiraten, der sie ohnehin nur schlägt. Sie bietet mir auch keine Antwort darauf, warum sie noch mehr Land von einem Land erzwingen will, um die „Katastrophe an der islamischen Ehre“, die angeblich mit der Gründung eines demokratischen Staates wie Israel geschehen ist, zu bereinigen. Ich hoffe, Herr Dierkes, Sie haben irgendwo einen Funken Ehrlichkeit in sich. Denn Sie werden Ehrlichkeit brauchen, um sich die Realität einmal genau vor Augen führen zu lassen, anstatt sich mit hasserfüllten Ideologen eins zu machen.

Lieben Sie die Bürger Duisburgs oder haben Sie selbst auch nur ideologisch geprägte Ambitionen? Wollen Sie das Beste für die Ihnen anvertrauten Menschen? Dann tun sie etwas für diejenigen, die unter dem radikalen Islam in Ihrer Nachbarschaft leiden. Frauen wie es sie in meiner Verwandtschaft gibt und Kinder, die schon im Kindergartenalter täglich über den Minderwert einer Rasse gelehrt bekommen, brauchen Ihre Hilfe. Aber das ist sicher zu viel verlangt, denn es könnte Sie ja einen Preis kosten. Da ist es viel einfacher, für ein bisschen Publicity und Multikultisympathien einen Israelboykott auszurufen.

Bilen K.

Ich möchte meinen deutschen und schweizerischen Freunden danken, die mich unterstützt und ermutigt haben, diesen Brief zu schreiben.
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Zur Erklärung:
Hermann Dierkes, Oberbürgermeister-Kandidat der Linken in Duisburg, hat am 18. Februar in einer Veranstaltung des Linken-Ortsverbands Hamborn zum Boykott israelischer Waren aufgerufen, um den „Druck für eine andere Politik“ des Landes gegenüber den Palästinensern zu verstärken. Der OB Kandidat hatte damit heftige Proteste ausgelöst. Inzwischen hat Dierkes seine Kandidatur zurückgezogen und sein Amt als Fraktionsvorsitzender der Partei im Duisburger Rat niedergelegt. Dierkes kritisierte in einem offenen Brief die Berichterstattung der Medien, die er als Grund für seinen Rücktritt nannte.

Von Bilen K.