In die Vereinigten Arabischen Emirate weichen zurzeit die Reichen und Schönen der Welt vor den Covid-Lockdowns aus. Beach-Partys am Golf-Strand sind jetzt Geheimtipps. Vorbei die Zeiten, da die Kleinstaaten bestenfalls Philatelisten durch bunte Briefmarken mit wenig Bekleideten bekannt waren. Mit ihnen machten die Postverwaltungen der Scheichtümer, wo sonst alles Weibliche verhüllt sein musste, im Ausland gute Geschäfte.

Ein Kommentar von Heinz Gstrein

Bei ihrer Staatswerdung vor 50 Jahren wurden die ehemaligen Seeräuber und Perlentaucher als „Sieben Zwerge vom Golf“ belächelt. Dann kamen Erdöl- und Erdgassegen, mit dem jedoch die einzelnen Golfpotentaten recht verschieden umgingen. Abu Dhabi, auch sonst grösstes der Emirate, hat sich jedenfalls zu einer überregionalen Finanz-, Militär- und Kulturgrossmacht entwickelt. Diese Bandbreite bei Verwendung der Petromilliarden ist in erster Linie Prinzregent Muhammad bin Zayed zu verdanken, der für seinen durch Schlaganfall behinderten Bruder die Geschäfte führt. Er wirtschaftet so gut mit seinen reichen Mitteln, dass er sogar dem viel reicheren Saudi-Arabien Konkurrenz macht: Dieses hat eben internationale Konzerne, die sich in Abu Dhabi niedergelassen haben, zum Umzug nach Riad aufgefordert, wenn sie weiter mit den Saudis Geschäfte machen wollen.

Auch auf militärischem Gebiet sind die Emirate, obwohl im Jemen mit den Saudis gegen die Rebellion der Huthis verbündet, eigentlich schon mehr Rivalen: Sie versuchen sich die Insel Sokotra und den Südjemen zu sichern. Abu Dhabis Stärke liegt in der Luftwaffe und da wieder bei seinen Pilotinnen. Die flogen schon gegen den Islamischen Staat (IS), sind heute bis nach Libyen im Einsatz. Auf kulturell-religiösem Gebiet hat Muhammad bin-Zayed in Abu Dhabi einen „Louvre“ gegründet und im Februar 2019 den Besuch von Papst Franziskus ermöglicht. Ausser den Presbyterianern, deren Wirken in die 1971 beendete britische Vorherrschaft am Golf zurückgeht, sind heute unter bin-Zayed weitere drei evangelische Freikirchen zugelassen und eine katholische, koptisch-orthodoxe und armenische Kirche.

Doch nicht seine ganze Dynastie Al-Nahyan huldigt einem so aufgeklärten Absolutismus. Erst unlängst verurteilte ein belgisches Gericht acht Mitglieder von Abu Dhabis Herrscherfamilie, die sich rechtzeitig aus dem Kurort Spa abgesetzt hatten, in Abwesenheit wegen Menschenhandel und erniedrigender Behandlung von 23 weiblichen Hausangestellten.

Weiter im Osten der Emirate, in Dubai, sehen die Dinge noch unerfreulicher aus. Dort strebt Emir Muhammad bin Raschid Al Maktum zwar mit Wolkenkratzern über 800 Meter in die Höhe. Sonst konzentriert er sich auf seinen Rennstall – wo ihm Doping nachgesagt wird – und auf den Palast-Harem. In dem herrschen aber so frauenfeindliche Zustände, dass sogar Prinzessinnen ihr Heil in der Flucht suchen: Emirs-Tochter Schamsa wurde aus England zurückgefangen, Maktums sechste Nebenfrau Haya, Tochter des Königs Hussein von Jordanien, kann sich noch in London behaupten. Im Mittelpunkt aktueller Aufmerksamkeit steht gerade im Folterharem von Dubai das Schicksal der Prinzessin Latifa. Niemand weiss, ob sie überhaupt noch am Leben ist.

Das islamische Recht Scharia mit seiner Frauenknechtung gilt eben in den Emiraten auch für Prinzessinnen. Sogar auf christliche Hausangestellte – meist von den Philippinen – wird es angewandt. Im nordöstlichsten der Kleinstaaten, Ras al-Khaima, was zu Deutsch „Spitze des Zeltes“ bedeutet, wurde das auf unmenschliche Spitze getrieben: Ein Kindermädchen, das von seinem muslimischenmArbeitgeber schwanger wurde, musste wegen „Unzucht“ 150 Peitschenhiebe erdulden …

An die 150‘000 ausländische Frauen arbeiten als Hausgehilfinnen in den Emiraten, geschunden, geschlagen, ausgebeutet. Sie werden getreten, gewürgt, angespuckt und vergewaltigt. Auch dem Islamisierungsdruck von Arbeitgebern sind sie ausgesetzt. Dazu darf trotz Reichtum und Macht der Emirate nicht geschwiegen werden, sondern es muss offen angeprangert werden!