Für unsere Fussballfans ist es so ziemlich die uninteressanteste aller Fragen, welchem Glauben ihre Lieblingsspieler angehören. Anders scheint das in der islamischen Welt zu sein. Die bevorstehende Euro 2008 bietet Gelegenheit, der türkischen „Moslem-Mannschaft“ den Sieg zu wünschen. Dieser müsse sogar von Allah erbeten werden, denn „Er ist es, der den Ball ins Tor lenkt“. So verkündet das jedenfalls der für seine strikt islamistischen Ansichten bekannte ägyptische Nationalspieler Abu Treika. Die Moslemfussballer in „Christen-Mannschaften“ dienten in erster Linie der grösseren Ehre Mohammeds – je zwei spielen bei der Euro mit den Österreichern und Schweizern, einer in der deutschen Mannschaft. Hingegen dürften Christen nur dann an mehrheitlich islamischen Mannschaften teilnehmen oder diese gar trainieren, wenn sie „mindestens im Herzen Moslems geworden sind.“
Gewiss gab und gibt es auch christliche Sportlerinnen und Sportler, die sich ihres Glaubens nicht schämen, vor dem Start ein Kreuzzeichen machen oder während der Wettkämpfe bzw. auch Fussballspiele ein halblautes Stossgebet zum Himmel schicken. Besonders intensiv war das zuletzt 2004 bei den Olympischen Sommerspielen in Athen der Fall, bei denen gerade orthodoxe Teilnehmer ihre Frömmigkeit in vielfältiger Offenheit zeigten. Damit wurde aber nie die Aussage verbunden, dass es eine besondere Konfession, eine bestimmte Religion sei, die zum sportlichen Erfolg führe, in deren Dienst der Sport eine geradezu missionarische Aufgabe zu erfüllen habe.
Bei den Muslimen ist das hingegen zunehmend und gerade vor dieser Euro 2008 der Fall; nicht nur im fernen Ägypten. In Deutschland sieht es die „Fussball“-Moschee Kocatepe in Dortmund als eine ihrer Hauptaufgaben an, auf allen grünen Rasen die grünen Banner des Islams aufzupflanzen und sie zu islamischen Verkündigungsfeldern mit Breitenwirkung zu machen.
Diese Inanspruchnahme des Sports und besonders des Fussballs für den Islam hängt aber nicht nur mit missionarischen Ambitionen zusammen. Sie dient auch der Verteidigung islamischer Sportler und Funktionäre gegen die eigenen Fundamentalisten, die ihnen Neuheidentum, Körpervergötzung und Unsittlichkeit vorwerfen. Schon bei der Fussball-Weltmeisterschaft von 2006 hatte das dazu geführt, dass auf die Mannschaften islamischer Länder besondere Rücksichten genommen werden mussten. In Schnetzenhausen am Bodensee zum Beispiel mussten die Bibeln aus den Hotels verschwinden, die Kellnerinnen und Stubenmädchen wurden durch männliches Personal ersetzt.Seitdem lehnen namhafte islamische Autoritäten den modernen Sportbetrieb und gezielt den Fussball durch die Bank ab.
So lehrt in Saudiarabien Scheich Hamud at-Tuairi: „Das Fussballspiel ist immer mit Frevel verbunden, infolgedessen muss es verboten werden. Es wird lediglich von den Geistlosen unserer Zeit ausgeübt, ahmt die Feinde Allahs nach, lenkt von Allahs Anbetung ab. Das Fussballspielen verlockt zu Schamlosigkeit und Perversion: Denn die Spieler lassen ihre Oberschenkel unbedeckt, sie schauen sich die Oberschenkel der anderen an.“
Es wurde sogar schon eine Fatwa (religiöses Dekret) zur Sicherstellung eines islamgerechten Fussballs erlassen. Darin heisst es: „Ihr Muslime dürft Fussball spielen, jedoch ohne die vier Linien auf dem Fußballplatz, weil diese Linien ursprünglich von Gottlosen und ihren weltlichen Satzungen entworfen wurden. Ihr dürft nur Fussball spielen, wenn ihr die Sprüche der Gottlosen und Polytheisten nicht benutzt, zum Beispiel ‚Out’, ‚Ecke’, ‚Foul’, und ähnliche. Wer diese Ausdrücke verwendet, wird gezüchtigt und aus dem Spiel entfernt. Man wird ihm sagen müssen: ‚Du hast die Gottlosen nachgeahmt. Dies ist eine Sünde!’ Wenn einem Spieler eine Hand oder Bein während des Spielens gebrochen wird, darf das Spiel nicht vorübergehend gestoppt werden. Demjenigen, der diese Verletzung verursacht hat, darf nicht die gelbe oder rote Karte gezeigt werden. Diese Ereignis darf nicht ‚Foul’ genannt werden. Der Verletzte muss sein Recht (gegen den Verursacher der Verletzung) gemäß des islamischen Gesetzes (arab. Schari’a) einfordern, d.h. Koran und Sunna anführen. Nach dem islamischen Gesetz muss eine Verletzung mit derselben Art von Verletzung gesühnt oder Geld bezahlt werden.). Ihr müsst bezeugen, dass die Verletzung absichtlich verursacht wurde. Ihr müsst andere Zahlen als diejenigen der Juden, Christen und der verfluchten Amerikaner nehmen. Das heisst, ihr dürft nicht elf Spieler in einer Mannschaft haben, sondern entweder weniger oder mehr als diese. Ihr dürft nur mit eurer normalen Kleidung oder Hosen spielen, nicht mit bunten Hosen oder nummerierter Kleidung. Diese Kleidung gehört den Gottlosen und dem Westen. Ahmt sie bloß nicht nach! Euer Motiv beim Fußballspiel muss sein, euren Körper durch das Fußballspiel zu stärken, so dass ihr besser im Kampf für Allah teilnehmen könnt. Blosse Freude und Unterhaltung sind nicht erlaubt. Spielt nicht 45 Minuten wie die Gottlosen, Juden, Christen und die irregeführten Clubs! Nehmt andere Spielzeiten! Ihr müsst euch von Gottlosen und Frevlern unterscheiden, ihr dürft sie in keinem Punkt nachahmen. Teilt das Fußballspiel nicht in zwei Spielzeiten, sondern in eine oder drei Zeiten! So unterscheidet ihr euch von den Gottlosen, Polytheisten, Frevlern und Ungerechten. Falls das Spiel unentschieden endet, verlängert das Spiel nicht und gebt keine Strafpunkte. Geht in diesem Fall direkt nach Hause! Ihr dürft keinen Schiedsrichter haben. Nach der Abschaffung von „Foul“, „Ecke“ usw. braucht man keinen Schiedsrichter mehr. Während des Fußballspielens dürft ihr keine Zuschauer haben. Sagt zu denjenigen, die euch beim Spielen zuschauen wollen: ‚Geht für Allah kämpfen! Schaut (stattdessen) herum und meldet die Verstöße gegen Allahs Religion auf Märkten, in Zeitungen und ähnliches!’ Wenn ihr tatsächlich Fußball spielen wollt, um euch für den Kampf vorzubereiten, wozu benötigt ihr Zuschauer? Wenn das Spiel vorbei ist, sprecht nie davon, wer von euch verloren und wer gewonnen hat oder wer von euch im Spielen besser als der andere war. Sondern sprecht nur von eurer Fitness. Ihr sollt nur davon sprechen, wie ihr euch durch das Spiel für den Kampf vorbereitet!”
Von Dr. Heinz Gstrein