Der 21. Januar ist der „Weltknuddeltag“ oder „National Hug Day“, wie er in den USA heisst. Umarmungen gehören zum Leben dazu, doch muss man ihnen einen ganzen Aktionstag widmen? Nun, zumindest kann man ihn zum Anlass nehmen, einmal über verschiedene Aspekte von Umarmungen nachzudenken.

Von Ursula Baumgartner

Kennen Sie die „Free Hugs Campaign“, zu Deutsch „Gratis-Umarmungen-Kampagne“? Gegründet von einem Australier, stellten sich – zumindest in Zeiten vor Corona – in immer mehr Städten weltweit Teilnehmer der Kampagne mit einem entsprechenden Schild in Fussgängerzonen und boten Passanten Umarmungen an – auch den wildfremden. Was bei den einen für Kopfschütteln sorgte, rettete den anderen den Tag.

Ob und wen man umarmt, ist von Mensch zu Mensch verschieden, doch eines ist klar: Menschen brauchen Nähe. Die Corona-Krise und die Massnahmen zum „Social Distancing“ haben gezeigt, dass auch und gerade das Fehlen von Körperkontakt vielfältige negative Auswirkungen hat.

Rückblick ins 13. Jahrhundert

Diese Erkenntnis ist nicht neu. Im 13. Jahrhundert liess Kaiser Friedrich II. ein Experiment an Neugeborenen durchführen, das herzzerreissende Folgen nach sich zog. Um herauszufinden, welche Sprache Babys zu sprechen beginnen, wenn ihnen keine vorgesprochen wird, liess er sie von Ammen aufziehen, die sie aber lediglich füttern und sauber halten sollten. Mit ihnen zu sprechen, war den Ammen ebenso verboten, wie Zärtlichkeiten und Körperkontakt. Das Ergebnis des Versuchs? Die Babys starben – alle.

Dieser für unser heutiges Verständnis grausame Versuch zeigt, wie lebensnotwendig körperliche Zuwendung für Kleinstkinder ist. Nun muss man bedenken, dass Neugeborene über Körperkontakt ein Gefühl der Sicherheit erlernen, was ein Erwachsener vielleicht in diesem Ausmass nicht mehr benötigt, weil er auch nicht mehr so hilflos ist wie ein Baby.

„Hug it out!“

Dennoch zeigen Studien klar, dass Umarmungen auch für Erwachsene mehr als wichtig sind. Zum einen zeigt eine herzliche Umarmung natürlich eine Verbindung zu einem anderen Menschen, was für ein soziales, liebebedürftiges Wesen wie den Menschen essenziell ist. Doch auch auf der rein physiologischen Ebene sind handfeste Ergebnisse zu finden: Umarmungen, die zehn Sekunden und länger dauern, setzen Glückshormone frei, was das Stresslevel reduzieren und den Blutdruck senken kann. Auch Ängste und Sorgen können durch Körperkontakt gemindert werden. Der Ratschlag „Hug it out!“ (zu Deutsch etwa „Umarm es weg!“) hat also zumindest in einem gewissen Umfang auch eine medizinische Grundlage.

Das Wunderwerk Haut

Wussten Sie, dass in einem Quadratzentimeter Haut etwa 5000 Sinneszellen sitzen und ungefähr vier Meter Nervenbahnen verbaut sind? Und die wollen schliesslich etwas zu tun bekommen. Neuere Erkenntnisse besagen, dass neben den Zellen, die das Gehirn schnell über eine Berührung informieren, auch Nervenfasern existieren, die dies viel langsamer tun. In Kombination könnten diese beiden Berührungssysteme dafür sorgen, dass unser Gehirn nicht nur merkt, dass wir berührt werden, sondern dass es auch Informationen über die emotionale Qualität dieser Berührung bekommt – was wiederum erklären könnte, warum ein beiläufiges Tätscheln nicht dieselbe Wirkung auf uns hat, wie wenn uns jemand bewusst in den Arm nimmt.

All das heisst natürlich nicht, dass Sie den gesamten 21. Januar jemanden im Arm halten müssen. Andererseits – warum eigentlich nicht?