Weltweit und vor allem in Albanien wird Mutter Teresa von vielen Menschen verehrt. Doch in letzter Zeit wird ihr Andenken zunehmend beschmutzt. Spuren führen in die Türkei.

Von Heinz Gstrein

Mutter Teresa, die Heilige der Armen von Kalkutta (Indien), geniesst ein liebevolles Andenken bei Menschen aller Kirchen und Religionen. Besonders verehrt wird sie aber von Albanern, war sie doch selbst albanischer Herkunft. Als Anjeze Gonxha Bojaxhiu wurde sie 1910 in Üsküb geboren, wie Skopje damals unter osmanisch-türkischer Herrschaft noch hiess. Sie stammte aus einer Familie, die vom katholischen Nordalbanien zugewandert war. Anjeze (Agnes) wurde von Schulschwestern ausgebildet und trat dann unter dem Einkleidungsnamen Teresa (von Lisieux) in einen im indischen Bengalen wirkenden Missionsorden ein.

Als sie 1979 für ihren beispiellosen Einsatz in Kalkutta den Friedensnobelpreis erhielt, waren Mazedonien und Albanien noch unter kommunistischer Herrschaft. Niemand interessierte sich für ihre albanische Abstammung. Das änderte sich nach der Wende. Mutter Teresas Tod von 1997, ihre Selig- und Heiligsprechung (2016) ergriff ganz Albanien: So hat das Land das Datum ihrer Seligsprechung am 19. Oktober 2003 zum Nationalfeiertag gemacht, den Flughafen von Tirana nach ihr umbenannt und einen Mutter-Teresa-Orden gestiftet. In Kosovos Hauptstadt Prishtina steht eine ihr geweihte Kathedrale. Im Heimatland Mazedonien erinnern das Mutter-Teresa-Denkmal und -Gedenkhaus von Skopje sowie Erinnerungsstätten in fast allen von Albanern bewohnten Orten an sie.

Doch seit diesem Frühjahr wird das Denkmal in Skopje immer wieder beschmiert, gereinigt, und neu beschmutzt. Am Mutter-Teresa-Haus tauchten Plakate auf, die den Abriss des Gebäudes und ein Ende des Kultes dieser „Ungläubigen“ verlangten. Nur eine muslimische Albanerin sei eine wahre Albanerin.

Die schon von anderen Recherchen bekannte, aus dem Kosovo stammende Enthüllungsjournalistin Arbana Xharra – 2015 hatte sie den „Internationalen Preis für mutige Frauen“ erhalten – und ihr Kollege Xhelal Neziri machten sich auf die Spur der Täter. Doch alle Nachforschungen im islamischen Untergrund mit arabischen Hintermännern blieben erfolglos. Schliesslich wurde das Journalistenpaar bei der Botschaft der Türkei und türkischen Auslandsschulen in Mazedonien fündig. Diese verteilten schon seit einigen Jahren unauffällig unter der Hand Propagandamaterial gegen die albanischen Christen des Landes. Vor allem war es den Diplomaten und Lehrern aus Ankara aber gelungen, die albanischen Medien und Parteien zu infiltrieren. Sie propagierten den Islam als einzig angestammte Religion der Albaner, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als ihren eigentlichen politischen Führer. Das Ziel sei eine Re-Islamisierung und Re-Osmanisierung von ganz Südosteuropa unter albanischer Führung und praktisch türkischer Oberhoheit. Die Agitation gegen Mutter Teresa war nur die Spitze dieses Eisbergs …

Wie stark der türkisch-islamistische Einfluss in Skopje bereits geworden ist, erlebten Xharra und Neziri, als sie ihre Enthüllungen in mazedonischen Medien veröffentlichen wollten. Keine Zeitung, kein Sender wagte sich an das heisse Eisen, auch die slawisch-mazedonischen Blätter und Stationen nicht. So wurde das Material der führenden griechischen Tageszeitung „Kathimerini“ (Tagblatt) zugespielt. Sie hat es in Athen am 16. Juni 2018 auf der Titelseite veröffentlicht. Das „Center for Global Affairs“ der New York University nahm die Informationen auf und verbreitete diese ebenfalls weiter.