Privat, wie auch bei der Arbeit kann man in Situationen geraten, in denen die eigene Meinung gefragt ist. Jedoch traut man sich vielleicht nicht, diese zu äussern.

Von Dario Gheno

Wer kennt diese Situationen nicht? Da stellt sich oft die Frage: Soll ich meine eigene Meinung nun vertreten und eine Diskussion eingehen oder bleibe ich lieber still? Im kleinen Kreis die eigene Meinung oder eine Entscheidung zu vertreten, mag den meisten noch relativ leichtfallen. Doch sobald es in einem grösseren Rahmen zu etwas Gegenwind kommt, ist man versucht, seine Meinung nicht kundzutun oder sich gar auf die andere Seite zu stellen, um gut dazustehen oder den Weg des geringsten Widerstands zu gehen. So muss man keine unangenehmen Konsequenzen fürchten. Viele scheuen sich daher davor, aufzustehen und ihre eigene Meinung zu äussern. Denn anpassen ist viel leichter als sich hinzustellen und zu sagen: „Ich denke anders“.

Doch ist es tatsächlich ratsam, die gesamtheitliche Meinung über unsere eigene zu stellen, ohne selbst klar Position zu beziehen? Schätzungsweise nicht, da somit im Meinungsaustausch verschiedene Blinkwinkel verhindert und nur noch Gesamtmeinungen gebildet werden. Legen wir hingegen unsere eigene Meinung, die wir mit Achtsamkeit gebildet haben, und unser Denken transparent offen nieder, können andere einen neuen Blick auf ein Thema bekommen und vielleicht sogar unsere Standhaftigkeit als schätzenswerten Charakterzug erleben, auch wenn sie nicht immer der gleichen Meinung sind. Dadurch besteht somit auch die Möglichkeit, einen Weg positiv für alle Seiten zu beeinflussen.

Wir müssen aber auch die andere Seite, das Unangenehme, in Kauf nehmen – also das, was passieren kann, wenn man seine Meinung äussert. In den seltensten Fällen bringt dies Lob, Dank oder Zustimmung. Mit der eigenen Meinung kann man durchaus oft ins Abseits geraten. Wir brauchen deshalb viel mehr Mut, um zu unserer eigenen Meinung zu stehen, als uns lieb ist. Personen, die es trotzdem tun, zeigen innere Stärke und auch eine gewisse Beständigkeit.

Gehen wir also solch mutige Schritte. So entwickeln sich neue Chancen. Und wer weiss: Sobald andere unsere Meinung nachvollziehen können, empfängt man unter Umständen auch einmal Lob, Dank und Ansehen. Denn nicht selten geschieht es, dass man mit der eigenen Sicht auch andere anspricht, welche – im Stillen bis dato – eine ähnliche Ansicht teilen.

Gute Stichwörter sind in diesem Zusammenhang auch Empathie und Verantwortungsbewusstsein. Empathie ist die Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken und Motive unseres Gegenübers zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden. Erlernen können wir Empathie, indem wir uns immer wieder in verschiedene Szenarien hineindenken, auf unsere und die Gefühle anderer achten, um Situationen zu verstehen. Verantwortungsbewusstsein erlernen wir auf der Verstandesebene, indem wir wichtige Faktoren erkennen, um für uns abzuwägen und Entscheidungen zu treffen. Beides ist hilfreich im Umgang mit anderen, wenn wir unsere Meinung bilden und kundtun.

Vielleicht kommt es uns so vor, dass das freie Denken in vielen Bereichen kaum mehr gefragt und oft schon gar nicht mehr gewünscht ist. Der Mut zur eigenen Meinung bleibt jedoch wichtig und sollte wieder öfter bewiesen werden. Das Plädoyer muss daher bleiben: „Seid mutig und steht zur eurer Meinung.“