Die Katholische Universität Löwen (Université catholique de Louvain UCL) hat nach Berichten belgischer und französischer Medien den Philosophieprofessor Stéphane Mercier entlassen, weil er mehrere Hundert Studenten sein philosophisches Argumentarium gegen die Abtreibung studieren liess. Darin wird Abtreibung als „Mord an einer unschuldigen Person“ bezeichnet. Der Professor hatte den Studenten zuvor basierend auf wissenschaftlichen Befunden dargelegt, dass das Leben mit der Zeugung beginnt.

Die Entlassung erfolgte am 1. April mit sofortiger Wirkung und ohne Angabe irgendeines Grundes. Die Katholische Universität war darauf bedacht, diese totalitäre Massnahme möglichst diskret zu handhaben, wie die Journalistin Jeanne Smits berichtet, die in direktem Kontakt mit dem entlassenen Lehrbeauftragten steht.

Von Smits auf die Frage angesprochen, ob er „pro life“ sei, antwortete Mercier: „Zu 100 Prozent, und darauf bin ich stolz: einerseits als Mensch, weil ich so einen bescheidenen Beitrag zur Verteidigung anderer Menschen leisten kann; und auch als Philosoph, denn philosophisch scheint mir das Lebensrecht undiskutabel.“

Mercier hatte sein Argumentarium nach der Vorlesung den teilnehmenden Studenten online zur Verfügung gestellt. Eine feministische Gruppierung namens „Synergie Wallonie“, der einige Studenten angehören, machte den Text dann im Netz offen zugänglich, worauf die Medien das Thema am 21. März aufgriffen. Die Universität distanzierte sich daraufhin von Mercier und kündigte ein Disziplinarverfahren an: Seine Aussagen würden gegen die „Werte der Universität“ verstossen, denn das „Recht“ auf Abtreibung, sei in der belgischen Rechtsordnung verankert. Das Gegenteil zu lehren sei „inakzeptabel“. Was für eine besorgniserregendes Verständnis von Demokratie und Philosophie kommt hier zum Ausdruck! Was Gesetz sei, soll nicht kritisiert werden dürfen.

Laut Bericht von katholisches.info hatte die Universität erst vor einem Monat eine Tagung zum Thema Lehrfreiheit durchgeführt. „Die Vorgehensweise des Rektorats steht in offenem Widerspruch zur dort verkündeten Haltung. Mehrere Löwener Universitätsprofessoren, darunter Michel Ghins und Jean Bricmont, meldeten sich inzwischen öffentlich zu Wort und forderten aus den Spalten der Tagespresse, keine Disziplinarmassnahmen gegen Mercier zu ergreifen, da die Erwähnung von ‘jedem Gesichtspunkt zur Abtreibungsproblematik erlaubt’ sein müsse.“ Die beiden Kollegen von Mercier sind besorgt wegen der angedrohten Einschränkung der akademischen Freiheit und der Meinungsfreiheit an der Katholischen Universität Löwen. „Kann es Argumente geben, die in einer Lehrveranstaltung der Philosophie nicht diskutiert werden können?“ Ghins und Bricomnt antworten mit einem klaren „Nein“. Doch bekanntlich hat all das die Entlassung von Mercier nicht verhindern können.

Die Katholische Universität Löwen ist die grösste französischsprachige Universität Belgiens. Formal ist der Kardinal von Brüssel zwar Grosskanzler der altehrwürdigen Institution. Doch das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und der Universität ist „unklar“; so sehr, dass – wie der Fall Mercier nun zeigt – katholische Positionen nicht einmal mehr toleriert werden. Doch nicht nur der Glaube, auch die Vernunft scheint in Löwen einem ideologisch-totalitären Geist gewichen zu sein.

Lesen Sie das Interview mit Stéphane Mercier in französischer Sprache unter: Réinformation.tv