Das internationale Hilfswerk „Mary’s Meals“ leistet mit Spenden aus der Schweiz Hilfe zur Selbsthilfe in Entwicklungsländern. Und einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention, die vor 30 Jahren – am 20. November 1989 – von der UNO angenommen wurde. Zukunft CH hat sich mit Johannes Tschudi (24), Fundraising and Operations Manager von „Mary’s Meals Schweiz“, über die Arbeit seiner Organisation in der Schweiz und in Drittweltländern unterhalten.

Zukunft CH: Johannes, wie funktioniert „Mary’s Meals“?

Johannes: Mit Spendengeldern aus Europa und Nordamerika kaufen wir vor Ort in den Drittweltändern Grundnahrungsmittel und versorgen so im Moment weltweit 1,5 Millionen Kinder an 2‘358 Schulen mit einer täglichen Mahlzeit, die meist von den Müttern der Kinder in einer Schulküche zubereitet wird. Ein Essen kostet bei Mary’s Meals im weltweiten Durchschnitt neun Rappen. Mit gut 17 Franken wird somit die Ernährung und damit indirekt auch die Schulbildung eines Kindes für ein ganzes Schuljahr sichergestellt.

Und was ist der Schweizer Anteil an dieser wichtigen Hilfe?

„Mary’s Meals“ existiert seit 2002. In der Schweiz sind wir seit 2015 als Verein aktiv. Mit Spenden aus unserem Land versorgen wir gegenwärtig 17’000 Kinder in der Dritten Welt mit einem täglichen Essen an ihrer Schule.

Kann die Hilfe von Mary’s Meals als eine Art Hilfe zur Selbsthilfe zu bezeichnet werden?

Genau. Die Mahlzeiten, welche „Mary’s Meals“ ausschliesslich an Bildungseinrichtungen verteilt, decken zum einen ein lebenswichtiges Grundbedürfnis der Kinder, sind aber immer auch eine Investition in deren Bildung. Letztlich wird sich ein Entwicklungsland erst dann wirklich weiterentwickeln können, wenn dessen Einwohner sich aufgrund von erworbenem Wissen selbständig machen und ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen können.

Uns ist es auch wichtig, niemanden zu bevormunden. Unsere Hilfe an einer Schule hängt davon ab, ob die Gemeinde bereit ist, sich zu investieren und jeden Morgen Freiwillige zu stellen, die das Essen für die Kinder kochen. „Mary’s Meals“ hilft beim Aufbau der Schulküche, liefert die Nahrung, welche sich die Leute nicht selber leisten können und betreut die Projekte. Wann immer möglich, kaufen wir die Nahrungsmittel bei Kleinbauern vor Ort und unterstützen damit auch gleich die lokale Wirtschaft.

Und wie arbeitet „Mary’s Meals“ in der Schweiz?

Unser Ziel ist es, dass möglichst alles Geld, das wir sammeln, den Kindern zugutekommt. Im August haben wir eine kleine Geschäftsstelle in Zug eröffnet, zu deren Führung 40 Stellenprozente ausreichen. Mary’s Meals hat sich dazu verpflichtet, maximal sieben Prozent der Spenden für Verwaltung und Fundraising auszugeben. Ansonsten engagieren sich etwa zehn bis 15 Personen regelmässig in verschiedenen Formen ehrenamtlich für die Organisation. Sei dies beispielsweise für die Verdankung von Spenden oder in der Organisation und Mithilfe bei verschiedenen grösseren und kleineren Anlässen.

Wie sind die Kontakte zu „Mary’s Meals“ in den anderen Ländern?

Da wir Teil einer internationalen Organisation sind, braucht es einen stetigen Austausch mit unseren Vorgesetzten von „Mary’s Meals International“ in Schottland. Auch stehen wir in engem Kontakt mit „Mary’s Meals“ Deutschland und Österreich, vor allem wenn es um Übersetzungen von neuem Material geht und den Austausch neuer Ideen.

Hast du schon einmal eine Schule besucht, an der „Mary’s Meals“ Mahlzeiten anbietet?

Leider war es mir bisher noch nicht möglich, selbst in ein Projektland von „Mary’s Meals“ zu reisen. An der jährlich stattfindenden internationalen Konferenz in Glasgow traf ich aber schon fast alle Leiter der 18 Länder, in denen „Mary’s Meals“ Mahlzeiten verteilt.

Was für Rückmeldungen bekommt ihr von diesen Leitern?

Beeindruckend ist stets die grosse Dankbarkeit, die uns Unterstützern von den Projektleitern entgegengebracht wird. Durch unsere Hilfe haben diese die Möglichkeit, für ihre eigenen Landsleute etwas zu tun, wozu sie aus eigener Kraft nie im Stande wären. Die Veränderung, die „Mary’s Meals“ in das Leben der Kinder bringt, wird stets als unglaublich wichtig beschrieben, nicht selten sogar als lebenswichtig. So erzählte uns beispielsweise Marie da Silva, Gründerin der „Jacaranda School“ in Malawi – einem Heim speziell für Waisenkinder, deren Eltern an HIV gestorben sind –, Folgendes: Sehr oft sind die Kinder von Geburt an ebenfalls HIV-positiv und überleben nur dank starken Medikamenten. Diese werden zwar vom Staat zur Verfügung gestellt, jedoch wirken sie nur, wenn der Körper zeitgleich auch vollwertige Nahrung aufnehmen kann. Indem wir an der „Jacaranda School“ Mahlzeiten zur Verfügung stellen, retten wir Kinder davor, an Aids zu sterben.

Was motiviert dich persönlich zu dieser Arbeit?

Mich überzeugte von Anfang an die einfache, aber enorm wirkungsvolle Strategie von „Mary’s Meals“. Es geht nicht um komplex ausgetüftelte Entwicklungsstrategien, welche die Welt irgendwann zu einem besseren Ort machen werden. Tatsache ist einfach, dass Millionen von Kindern nichts zu essen haben und nicht in die Schule gehen können. Also geben wir diesen Kindern zu essen und ermöglichen ihnen den Schulbesuch – ganz einfach. „Mary’s Meals“ zeigt, mit wie wenig Geld pro Kind wir einen entscheidenden Unterschied machen können. Jede und jeder kann etwas beitragen, dass wir auch das nächste Kind erreichen können, welches auf eine tägliche Mahlzeit wartet. Dabei müssen wir uns nicht entmutigen lassen, wie viele andere Kinder noch hungern, die wir momentan leider noch nicht erreichen. Für dieses eine Kind macht die tägliche Mahlzeit von „Mary’s Meals“ einen lebensverändernden Unterschied.

 

Bleiben Sie informiert über „Mary’s Meals“ unter: www.marysmeals.ch