Hanspeter Amstutz

Ist es wirklich eine unheilige Allianz, wenn beim neuen Lehrplan nun Opposition von verschiedensten Seiten kommt? Wer beim Harmonisierungsauftrag so übers Ziel hinausschiesst wie die Lehrplanverantwortlichen, muss sich nicht wundern, wenn jetzt die grosse Diskussion losgeht. Aus einem einfachen Lehrplan, der Schulstrukturen und wesentliche Bildungsziele in Form von verbindlichen Eckwerten festlegen sollte, ist ein schulisches Mammutprogramm entstanden.

Dieses wird so detailliert beschrieben, dass die Zürcher Lehrerverbände die Bedeutung des Lehrplans bereits stark relativieren und ihn nicht als massgebenden Kompass für den Unterricht sehen. Das Ganze werde nicht so heiss gegessen, wie es gekocht wurde, lautet der übereinstimmende Tenor. Die Pädagogischen Hochschulen und der VPOD hingegen befürchten, dass der durch den Lehrplan 21 angestrebte Umbau der Volksschule mangels finanzieller Mittel nicht realisiert werden kann. Ein Unterricht mit massgeschneiderten Bildungsprogrammen für jeden einzelnen und einem hohen Anteil an selbstorganisiertem Lernen ist nur mit zusätzlichem Lehrpersonal zu erreichen.

Ist der Lehrplan nun ein prächtiger Papiertiger, der wenig bringt und viel kostet oder legt er die Basis für tiefgreifende Veränderungen? Diesen Interpretationswirrwarr haben sich die Lehrplanverantwortlichen selbst zuzuschreiben. Über Jahre hinweg wurde von den Erziehungsdirektoren von einem Jahrhundertwerk gesprochen, das die Schule grundlegend umgestalten werde. Als sich jedoch abzeichnete, dass man mit einer detaillierten Bildungssteuerung ein sehr hohes Risiko einging, wurde zurückbuchstabiert. Fast schlagartig sprachen alle nur noch von einem Nachführen der bisher durchgeführten Reformen. Damit ist aber überhaupt nicht mehr Klarheit über den Stellenwert des Lehrplans für die Entwicklung unserer Volksschule geschaffen worden.

Das Ganze zeigt sehr deutlich, dass der Lehrplan sehr wohl an seinem überzogenen Auftrag scheitern könnte. Die Volksschule braucht weder einen planwirtschaftlichen Bildungskompass noch einen Totalumbau. Die bisher weitgehend hinter verschlossenen Türen geführten Diskussionen um den zentralen Auftrag des neuen Lehrplans müssen endlich offen geführt werden. Wir haben das Recht zu wissen, wohin die Reise geht.