Wunderwerke der Schöpfung verweisen auf einen genialen Schöpfer. In ihrem Buch „Wenn Tiere reden könnten“ lassen Werner Gitt und Karl-Heinz Vanheiden verschiedene Tiere „selbst“ zu Wort kommen und über sich erzählen. Den beiden Autoren gelingt es, eine Menge Informationen zum Thema Schöpfung auf eine äußerst interessante, unterhaltsame Weise zu vermitteln. Spatz, Blauwal, Schnabeltier, Regenwurm, Libelle, Goldregenpfeifer und eine Darmbakterie „erzählen“, wie wunderbar Gott sie geschaffen und mit welch erstaunlichen Fähigkeiten ihr Schöpfer sie ausgestattet hat. Ein Buchtipp für Alt und Jung, Christen und Nichtchristen sowie Fachleute und Laien.In dem folgenden Auszug lesen Sie Erstaunliches über die Libelle.

„Wir Libellen (Odonata) gehören zu den auffälligsten Gestalten im ganzen Insektenreich. Im hellen Sonnenschein fliegen, jagen, balzen wir, paaren wir uns und legen Eier. Alles vollführen wir vor Ihren Augen. Am eindrucksvollsten empfinden Sie wohl unsere kunstvollen Flüge. In der Tat kann ich Ihnen gleich neun unterschiedliche Flugarten nennen, die wir allesamt meisterhaft beherrschen: Neutralflug, Beuteflug, Revierflug, Drohflug, Balzflug, Pendelflug, Wellenflug, Stehflug – und nicht zu vergessen – die verschiedenen Arten des Rückwärtsfluges. Unter den 800 000 Insektenarten gelten wir als wahre Kunstflieger. Stundenlang können wir an warmen Sommertagen über einem Teich schweben, obwohl wir die Tragflächen kaum dabei bewegen. Sichten wir ein Beuteinsekt, so erhaschen wir es treffsicher in blitzschneller Wendung. Tritt ein lästiger Rivale auf, so schrauben wir uns spiralig in die Luft und vertreiben ihn umgehend. Selbst durch dichte Binsensümpfe gleiten wir elegant und schwungvoll hindurch, ohne auch nur irgendwo mit unseren empfindlichen Flügeln anzuecken. Sie spüren es schon: Am Wasser sind wir die Herren der Lüfte. Wir bewegen uns wie lautlose Hubschrauber. Bei einer Schlagfrequenz von 30 Flügelbewegungen pro Sekunde erzeugen wir kein für Sie hörbares Geräusch. Unsere Flügel dienen aber nicht nur zum Fliegen: Sie spielen auch eine wichtige Rolle bei der Partnerwerbung; auf schwankenden Halmen dienen sie uns als Balancierflächen; wir setzen sie weiterhin als Sonnenkollektoren ein; und gierige Froschzungen empfinden sie als sperrige Abwehrwaffen. Dennoch: Das Fliegen ist und bleibt die Hauptanwendung.

Unser Flugapparat – Vorbild für Ihre Hubschrauber

Im Vergleich zu allen übrigen Insektenarten fliegen wir nach einem völlig anderen Prinzip. Der Schöpfer hat für uns eine besondere Ausstattung erfunden. Davon will ich Ihnen jetzt erzählen: Die meisten Insekten fliegen nach dem so genannten „Kochtopfprinzip“. Stellen Sie sich einen Topf mit einem etwas zu kleinen Deckel vor, unter dessen Rand zwei Kochlöffel eingesteckt sind. Drückt man den Deckel abwärts, heben sich die Löffel; hebt man ihn aufwärts, senken sich die Löffel. Bei den meisten Insekten werden nun diese „Kräfte der Hand“ von Muskeln erzeugt, die im Brustraum zwischen „Deckel“ und „Boden“ gespannt sind. Bei jedem Muskelzug zieht sich der Körper zusammen, und die Flügel heben sich dabei. Der umgekehrte Vorgang läuft beim Entspannen der Muskeln ab. Unser Flugmotor hingegen arbeitet nach einem grundlegend anderen Prinzip: Unsere kräftigen Flugmuskeln setzen über Sehnen direkt an den Fluggelenken an. Die Gelenke hat der Schöpfer aus einem Werkstoff mit außergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften erstellt, dem Resilin. Wie sonst kein Material ist dieses überaus elastisch und vermag daher unvergleichlich viel Energie zu speichern und sie im benötigten Augenblick wieder abzugeben. Stellen Sie sich eine eingedrückte Plastikflasche vor, die gleich nach dem Quetschen in ihre ursprüngliche Form zurückspringt. Gemeinsam mit den Flügeln bildet das Resilin ein solches Schwingsystem, das mit einer bestimmten Schlagfrequenz arbeitet.

Mit 40 km/h durch die Luft

Bei uns hat der Schöpfer bezüglich des Fliegens an so viele Feinheiten gedacht, dass wir jede Situation in der Luft spielend meistern. Wir sind optimal für die Lüfte konstruiert. Ihre Flugingenieure verwenden für die Beschreibung des Flugverhaltens eine Kennzahl, die so genannte Reynoldszahl. Sie charakterisiert, wie sich der Einfluss der Zähigkeit der umgebenden Luft auf Geschwindigkeit und Größe des Flugobjekts auswirken. Für die großen Vögel spielt diese Lufteigenschaft kaum eine Rolle, wohl aber für uns Insekten. Für kleine Insekten wirkt sich nämlich die Zähigkeit der Luft so stark aus, dass sie gleichsam in der für sie „dicken“ Luft schwimmen. Wegen der kleinen Reynoldszahlen müssen sie mit ihren Flügeln sehr viel schneller schlagen als große Insekten, um voranzukommen. Uns aber hat der Schöpfer gerade so gestaltet, dass wir in einem sehr günstigen Bereich liegen. So erreichen wir mit Leichtigkeit Geschwindigkeiten von 40 km/h, ohne auch noch dauernd mit den Flügeln schlagen zu müssen. Selbst im Langsamflug treten trotz abreißender Luftströmung noch genügend Auftriebskräfte auf.

Windmesser auf der Stirn

Entscheidend für einen optimalen Flug ist neben einem wirkungsvollen Flugmotor die Geschwindigkeitskontrolle. Vorne am Kopf hat der Schöpfer uns in strömungsgünstiger Position zwei kleine Antennen installiert. Beim Flug werden diese Messfühler von der vorbeiströmenden Luft nach hinten gebogen. Sinneszellen im Fuß der Antenne leiten die Messwerte zum Gehirn, wo aus den Daten die eigene Geschwindigkeit in Bezug zur Umgebung errechnet wird. Für meine ebenso präzise wie wendige Flugführung sind diese Messantennen eine unverzichtbare Installation.

Flügelmembranen dünner als Papier

Unsere vier Flügel wiegen zusammengenommen nur fünf tausendstel Gramm. Diese hauchdünnen, durchsichtigen Flugapparate stellen eine Meisterleistung der Leichtbautechnik dar. Wenn Sie sich unsere Flügelmembranen als großflächig hergestelltes Material vorstellen, so würde ein Quadratmeter davon nur ganze drei Gramm wiegen. Ihre im Verpackungsgewerbe gebräuchlichen Kunststoff-Folien aus Polyamid oder Polyester sind bei gleicher Stärke bereits drei- bis viermal so schwer. Unsere Flügel werden durch Adern – in der Fachsprache Ihrer Flugzeugbauer heißen sie Holme – gestützt. Der Durchmesser dieser Rohre beträgt nur 1/10 mm und die Wandstärke gar nur ein 1/100 mm. Diese Hohlrohre dienen nicht nur zur Versteifung, hier liegen auch die Leitungen für die Blutflüssigkeit (Hämolymphe), die Nachrichtenkabel des Nervensystems sowie das System der Sauerstoffversorgung und der Kohlendioxid-Ableitung.

Kalkulierte Sicherheit

Sollten Sie nun den Eindruck gewonnen haben, bei dieser materialsparenden Bauweise habe der Schöpfer nicht an Sicherheit gedacht, dann muss ich das gleich richtig stellen. Ebenso wie in Ihrer Technik finden Sie auch im Bereich des Lebendigen überall deutliche Sicherheitsreserven, damit es nicht zu vorzeitigen Brüchen und Ausfällen kommt. Auf Ihren Oberschenkelknochen könnten in Ruhestellung z. B. 17 Menschen stehen. Diese Reserve brauchen Sie, um der höheren Belastung beim Laufen oder Springen standzuhalten. Bei der Maus sind die Oberschenkelknochen sogar um das 750-fache gegenüber der normalen Belastung abgesichert. Sie muss ja auch mal vom Küchenschrank springen können, ohne sich gleich ein Bein zu brechen. Bei Flügeln ist das ähnlich. Ein Buchfink z. B. hat bei 25 Gramm Körpergewicht eine Flügeloberfläche von etwa 150 cm². Zehn Quadratzentimeter Flügelfläche tragen demnach 1,7 Gramm Körpergewicht. Mit unseren 15 cm² Flügelfläche haben wir 0,5 Gramm zu tragen, das sind 0,33 Gramm Körpergewicht auf 10 cm². Unsere Sicherheitsspanne ist somit noch fünfmal größer als beim Buchfink. Hätten Sie das bei unseren extrem dünnen Flügeln erwartet?“

Abdruck mit freundlicher Genehmigung der CLV

Erschienen und zu beziehen bei CLV Bielefeld (www.clv.de), Taschenbuch (128 S.), Fr. 3,20

Von Werner Gitt und Karl-Heinz Vanheiden