676‘309 registrierte Straftaten wurden 2009 in der Schweiz begangen – zum grossen Teil Diebstähle und Sachbeschädigungen. Nebst 185 versuchten und 51 vollendeten Tötungsdelikten waren auch 16‘349 Fälle häuslicher Gewalt zu verzeichnen, hauptsächlich Drohung, Tätlichkeit und einfache Körperverletzung. Offiziell wurden 666 Vergewaltigungen und 1‘526 sexuelle Handlungen mit Kindern gemeldet. Diese Zahlen entstammen der neuen, jetzt nationalen „Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS)“, welche gestern Montag in Bern veröffentlicht wurde.
Ohne gross auf Inhalte und Einzelheiten einzugehen, präsentierten Dr. Jürg Marti, Direktor des Bundesamtes für Statistik, Dr. Jean-Luc Vez, Direktor vom Bundesamt für Polizei (Fedpol) und Dr. Markus Notter, Regierungsrat des Kantons Zürich sowie Präsident der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz, die PKS von 2009, welche in einem neuen Konzept daherkommt: Erstmals werden sämtliche Straftatbestände von allen Kantonen nach einheitlichen Kriterien erfasst und zentral im Bundesamt für Statistik (BfS) aufbereitet. Damit sind interkantonale Vergleiche ab sofort möglich. Zudem werden jetzt auch Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz, gegen das Ausländergesetz sowie gegen weitere Bundesnebengesetze (z.B. das Waffengesetz) erfasst. Neu können auf nationaler Ebene Angaben zu den Aufklärungsquoten gemacht werden. Diese seien mit bis zu 88 % teilweise bemerkenswert hoch, sagte Markus Notter. Aufgrund der neu erfassten Merkmale und der Vereinheitlichungen würden die vorliegenden Zahlen natürlich deutlich höher ausfallen als in der Vergangenheit und könnten deshalb noch nicht oder nur beschränkt mit den Vorjahren verglichen werden, betonte Jürg Marti. Generelle Aussagen, ob die Kriminalität 2009 zugenommen hat, seien deshalb schwierig. Dem widersprach ein Vertreter des Kantons Bern, welcher klar festhalten wollte, dass die Anzahl Delikte von bereits früher erfassten Merkmalen in seinem Kanton gegenüber 2008 um satte 16 % zugenommen habe.

Überhaupt: Gegenüber der mündlichen Präsentation können aus dem schriftlichen Dossier durchaus klare Erkenntnisse gewonnen werden: In den Kategorien Vandalismus und Diebstahl beispielsweise waren 2009 überaus viele Taten von Minderjährigen (unter 18 Jahren) verübt worden. „Im Vergleich zum Rest der Bevölkerung ist diese Altersgruppe am häufigsten straffällig“, schreibt das BfS. Obschon die Minderjährigen nur noch 10.6 % an der Gesamtbevölkerung ausmachen, hat ihre Täterschaft gegen 20 % Anteil an sämtlichen erfassten Delikten. Auffällig gross ist der Anteil von Minderjährigen auch bei Gewaltdarstellungen mit 56 %, vorsätzlicher Brandstiftung mit 52.4 %, Fahrzeugdiebstahl mit 47 % und Raub mit 40.6 %. Diesen Befund kommentiert Thomas Richter vom Schweizerischen Institut für Gewaltprävention (SIG) wie folgt: „Die 15- bis 17-Jährigen bewegen sich in einer heiklen Leere zwischen elterlicher Kontrolle und dem eigenen Lebensrhythmus.“

Rund 48 % der Widerhandlungen gegen das Strafgesetzbuch wurden 2009 von Ausländern (Niedergelassene, Aufenthalter, Kurzaufenthalter und Personen im Asylprozess, ohne Diplomaten und internationale Funktionäre) begangen, obschon diese nur 33 % der Gesamtbevölkerung ausmachen. Diese 33 % Ausländer begangen 59 % aller Tötungsdelikte, 51 % aller Körperverletzungen, 55 % aller Diebstähle, 53 % aller Raubtaten, 52 % aller Drohungen, 52 % aller Einbruchdiebstähle, 62 % aller sexuellen Vergewaltigungen und 61 % aller Urkundenfälschungen. Im Bereich der Gewaltstraftaten, der mit einer Aufklärungsquote von rund 80 % besonders aussagekräftig ist, lag der Täteranteil schon nur bei der Gruppe „Niedergelassene“ mit 42 % deutlich über ihrem Bevölkerungsanteil. 18‘543 Personen reisten 2009 illegal in die Schweiz ein oder hielten sich unrechtmässig im Land auf.

Unabhängig vom erwähnten statistischen Umstellungseffekt sind die Zahlen der Kategorien Einbruch- bzw. Einschleichdiebstähle, Raub, Drohungen, Nötigung, Freiheitsberaubung bzw. Entführung sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte seit 2000 deutlich im Anstieg begriffen. Grosse Unterschiede im Kriminalitätsverhalten lassen sich zwischen Stadt- und Landbevölkerung sowie zwischen Bewohnern von Grenzstädten wie Genf oder Basel und „Binnenstädten“ wie Luzern oder Zürich ausmachen.

Dem SP-Mann Markus Notter war es offensichtlich ein grosses Anliegen, die anwesenden Medienvertreter vor überstürzten Schlüssen zu warnen: „Die Statistiken sind interpretationsbedürftig und die sozialen Umstände zwischen Schweizern und Ausländern müssen berücksichtigt werden!“ Zur hohen Jugendkriminalität meinte er: „Ein Mann ist „von Natur aus“ im Alter von 16 bis 35 Jahren kriminell am aktivsten, Leute im Altersheim sind weniger kriminell auffällig.“ Notter begründete die hohe Kriminalität von Minderjährigen und Ausländern mit einem überwiegend bescheidenen Bildungshintergrund dieser Personen. Zudem sei es eine kleine Gruppe hochkrimineller Personen, welche die Anzahl Delikte nach oben schnellen lasse. Der Zürcher Politiker bewertete auch das aktuelle Schweizer Jugendstrafrecht als nicht verbesserungswürdig, dieses sei europaweit vorbildlich.
Jürg Marti informierte zum Schluss, dass die neue PKS Mehrkosten von ca. einer halben Million Franken verursacht hätte, welche in einem Joint Venture von Bund und Kantonen übernommen würden.

Quellen: Bundesamt für Statistik; 20 Minuten, 23.3.2010

R.W.