Wie die Zeitung „Die Welt“ am 19. April 2013 berichtete, belegt eine neue Umfrage der türkischen Universität Kirikkale bei 3’500 türkischen Männern, dass die Mehrheit von ihnen „Gewalt gegen Ehefrauen völlig normal, sinnvoll und praktisch“ findet. 28 Prozent der Befragten hält Gewalt gegen Ehefrauen für unerlässlich: Das müsse eben geschehen, um sie zu disziplinieren. Weitere 34 Prozent geben sich gemässigter und halten Gewalt gegen Ehefreuen nur „gelegentlich“ für „notwendig“. Zusammen sind das 62 Prozent, fast zwei Drittel der befragten Männer.
Wie „Die Welt“ weiter berichtete, verzeichnen türkische Statistiken einen steten Anstieg von häuslicher Gewalt. Im Jahr 2012 wurden 125 Frauen von ihren Männern oder Partnern umgebracht und 30‘000 Frauen körperlich verletzt. Ob jedoch die Gewalttaten effektiv zunehmen oder ob Gewaltdelikte gegen Frauen einfach immer häufiger gemeldet werden, ist eine ungeklärte Frage.

Die Rolle des Islam

Brisant ist der Welt-Artikel auch deshalb, weil er die Aufklärungsbemühungen der islamisch geprägten türkischen Regierung sowie deren Behauptung, dass Gewalt gegen Frauen auch ein Verstoss gegen den Islam sei, kritisch hinterfragt. So wird die Ehrenmord-Forscherin Hülya Özaktürk zitiert, die durch Befragung zahlreicher Frauenmörder herausfand, dass diese ihre Taten als den Geboten der islamischen Religion entsprechend betrachten. Da diese Motivation gemäss „Die Welt“ auch für „normale“ häusliche Gewalt gelten darf, stellt sich die Frage, „ob nicht die religionsfördernde Regierungspolitik selbst dazu beiträgt, (…) jene gesellschaftlichen Schichten in ihren Ansichten zu bestärken, die am ehesten zu Gewalt gegen Frauen neigen.“

Der Artikel eröffnet dann aber noch eine zweite Spur möglicher Ursachen für die häufige Gewalt gegen Frauen, die in eine entgegengesetzte Richtung zu führen scheint: ob nämlich „im Gegenteil eine fortschreitende Aufweichung konservativer Verhaltensweisen, also eine Liberalisierung in der Gesellschaft, zu immer mehr männlicher Gewalt gegen immer freier denkende Frauen“ führe. Zugunsten dieser Liberalisierungsthese scheint für „Die Welt“ auch zu sprechen, dass in manchen als sehr konservativ und religiös geprägt geltenden Gebieten der Türkei die Zahl der Sexualverbrechen seit dem Regierungsantritt Erdogans vor zehn Jahren um 400 Prozent zugenommen haben. Vor einigen Wochen etwa beschwerte sich ein zwölfjähriges Mädchen, das von 26 Männern vergewaltigt worden war, in einem Brief an den Justizminister darüber, dass alle ihre angeklagten Peiniger vom Gericht freigelassen worden seien.

Das Frauenbild ist entscheidend

Mir scheint aber, dass sich die beiden von der deutschen Zeitung erwähnten Erklärungsansätze einander gar nicht unbedingt ausschliessen müssen, sondern sich ebenso gut auch gegenseitig hochschaukeln und zu einer wahren Spirale der Gewalt gegen Frauen führen können. Denn obwohl dies auf den ersten Blick vielleicht fremd klingen mag, gibt es zwischen dem Frauenbild des Islam und dem des säkularen Westens auch interessante Berührungspunkte.

Gemäss Islam sind Frauen dumm, Menschen zweiter Klasse und von Natur dazu da, den sexuell nimmer satten Männern gefügig zu sein. Wir finden im Islam bis hin zu dessen materialistischen Paradiesesvorstellungen ein durch und durch hedonistisches Moral-Verständnis, das auszuleben im Unterschied zu den westlichen Gesellschaften allerdings nur den Männern vorbehalten ist. Der Islam rechnet damit, dass der Mann seinen Trieb nur dann unter Kontrolle haben kann, wenn die Frauen, die ihm nicht „gehören“, verschleiert und unter männlicher Bewachung auftreten. Konsequenterweise soll, wenn es zu einem Ehebruch kommt, nach der Scharia auch nur die Frau gesteinigt werden. Und dazu passt ebenfalls der oben erwähnte Fall der 26 Vergewaltiger, die ohne Strafe davon kamen. Wenn also der Islam darauf zielt, alle auch nur möglicherweise sexuell wirksamen Reize aus der Öffentlichkeit zu verbannen, so hat das nichts mit der Würde der Frau zu tun, die nicht zum Objekt erniedrigt werden soll, wie das in den westlichen Medien täglich geschieht. Denn Lustobjekt ist die Frau auch im Islam, nur eben nicht in der Öffentlichkeit. So aber ist die „Moralität“ islamischer Gesellschaften zumal im Bezug auf den Umgang mit der Frau eine blosse Fassade. Sie ist eine Art gesellschaftspolitischer Schutzmechanismus, um den männlichen Trieb und die diesbezüglichen Besitzverhältnisse in Schach zu halten.

Wo nun aber – wie in der Türkei – eine Kultur, die das islamische Männer- und Frauenbild über Jahrhunderte verinnerlicht und gepflegt hat, auf westliche Einflüsse wie emanzipatorisches Denken oder leicht verfügbare Pornographie stösst, ist es naheliegend, dass beim Mann erst recht die Sicherungen durchbrennen.

Der scheinheilige Westen

Das aber bedeutet, dass es für den Westen nicht damit getan ist, mit dem Finger auf den barbarischen Osten zu zeigen. Denn Gewalt gegen Frauen ebenso wie sexuelle Gewalt gibt es auch bei uns, und das immer häufiger. Wie neueste Zahlen zeigen, haben sexuelle Übergriffe selbst unter Minderjährigen in der Schweiz enorm zugenommen. Doch surft man ungeachtet weiter auf der Welle der sexuellen Freizügigkeit und meint, dass die Problematik des Machtgefälles allein durch die Prinzipien der Gleichberechtigung und der Einvernehmlichkeit gelöst werden könnte. Auf Dauer kann diese Strategie nicht gut gehen! Vielleicht sind die Formen der Gewalt im scheinheiligen Westen entsprechend den kulturellen Gepflogenheiten in der Regel – zumal bis jetzt – weniger brachial und etwas subtiler, aber nicht weniger zerstörerisch. Erinnert sei hier nur an das boomende Schweizer Sexgewerbe, in dem kaum eine Frau wirklich freiwillig arbeitet, oder an die Gender-Ideologie, welche schon Kinder in ihrer geschlechtlichen Identität als Frau oder Mann destabilisieren will.

Solange der Westen sich nicht wieder auf das christliche Menschenbild besinnt, dem er seine weltweit einzigartigen zivilisatorischen Errungenschaften gerade für die Frau sowie das Zusammenleben von Mann und Frau in der Ehe verdankt, wird er mit seinem Frauenbild keinen Moslem zu mehr Sanftmut und Milde bewegen können, sondern nur Spot und Missachtung ernten. Denn weder das Männer aufreizende halbnackte Disco-Girl, noch das in seiner Weiblichkeit bis zur Unkenntlichkeit entstellte freudlose Manns-Weib werden den Moslem davon überzeugen können, seine Einstellung gegenüber der Frau zu ändern.

Beispielhaft könnte hier vielmehr die Geste von Papst Franziskus sein, der bei der traditionellen Fusswaschung am Donnerstag vor Ostern in einem Jugendgefängnis von Rom auch einer jungen Moslemin die Füsse gewaschen hat. Eine provokativere Geste eines Papstes gegenüber dem Islam, und doch gesprochen in eine Sprache, die zu Herzen gehen muss, ist schwerlich vorstellbar. Machen wir es ihm nach!