Das Gesetz zur Einführung des islamischen Religionsunterrichtes an den öffentlichen Schulen im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen geht auch uns in der Schweiz an. So wie in Deutschland gibt es in keinem Kanton eine schulische religiöse Unterweisung irgendeiner Art für Glaubensbekenntnisse, die nicht staaatlich anerkannt sind. Das gilt an der Limmat und Aare wie an Rhein und Ruhr sowohl für die evangelischen Freikirchen wie für die orthodoxen Ost- und Orientchristen. Der Islam hingegen drängt in Deutschland wie in der Schweiz auf das Monopol von Sonderrechten. Jetzt beim Religionsunterricht – vorher war es mit dem Ruf nach Minaretten so, obwohl gerade orthodoxen Kirchenbauten in Sachen ihrer traditionellen Kuppeln ganz einschneidende Beschränkungen auferlegt sind. Die orthodoxe Demetrios-Kirche in Zürich durfte überhaupt nur so errichtet werden, dass sie von aussen gar nicht mehr als Gotteshaus erkennbar ist. Die Moslems wollten hingegen auch bei uns Minarette, jetzt fordern sie exklusiv ihren Religionsunterricht.
Das zweite Problem, das sich jetzt in Düsseldorf und vielleicht schon morgen in der Schweiz stellt, ist die nahtlose Verbindung von Religion und Politik in allen islamischen Belangen. Es gibt keinen unpolitischen Islam, weshalb auch in der mitteleuropäischen Moslemdiaspora die Regierungen ihrer Herkunftsländer kräftig mitmischen, die Türkei an erster Stelle.

Nun ist es einerseits einsichtig, dass der Religionsunterricht – dort, wo es ihn als Pflicht- oder Wahlfach gibt – nicht nur Sache der Schule sein kann, sondern auch die jeweilige Glaubensgemeinschaft angeht. Kirchen und israelitischen Kultusgemeinden wurde zu Recht ihre Mitwirkung eingeräumt. Das sollte grundsätzlich auch für das neue Fach „Islam“ der Fall sein, und das nicht nur in Nordrhein-Westfalen. Problematisch ist es andererseits, dass dabei in diesem Fall nicht nur der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD), der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) Mitsprache fordern. Auf einer solchen besteht – sogar vorrangig – die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB). Es handelt sich dabei aber nur der Form nach um eine deutsche Vereinigung. Tatsächlich ist sie ein Ableger der staatlichen türkischen Religionsbehörde und wird direkt von der Botschaft der Türkei in Berlin aus geleitet.

Das ist aber inakzeptabel. So wird der jüdische Religionsunterricht von den Kultusgemeinden bzw. dem Zentralrat der Juden in Deutschland mitgestaltet, nicht aber vom Staat Israel. Ebensowenig mischt sich etwa Russland in den orthodoxen Religionsunterricht ein, für den ausschliesslich die Konferenz der orthodoxen Bischöfe in der Bundesrepublik mitverantwortlich ist. Nicht einmal im Sonderfall Griechenland, wo die Orthodoxie eine Art Staatskirche darstellt, gibt es eine so direkte Beeinflussung des orthodoxen Religionsunterrichtes in Deutschland, wie sie jetzt die Türken in Sachen Islam gern möchten: Athen unterhält Kontakte zu den deutschen Griechisch-Orthodoxen über die Kirchenabteilung seines Aussenministeriums. Keineswegs ist dafür – wie in der Türkei – eine interne griechische Kultusbehörde zuständig. Es ist daher auch in der Schweiz angezeigt, dem DITIB, der bereits vier von den zwölf regelrechten Moscheen kontrolliert, mehr auf die Finger zu sehen.

Von Heinz Gstrein