„Wir machten, was zu tun war. Wir haben nicht übermässig viel riskiert.“ So die bescheidene Aussage der beiden Rettungshelden Daniel Aufdenblatten und Richard Lehner von der Air Zermatt nach dem Erhalt ihrer hohen Auszeichnung. Helikopter-Pilot Daniel Aufdenblatten (35) und Rettungsspezialist Richard Lehner (38) von der Air Zermatt wurden für ihren Einsatz im April 2010, in dem sie sich und ihr Material an die äussersten Grenzen brachten, in Washington kürzlich mit dem höchsten Preis in der Luftfahrt, den „Heroism Award“, ausgezeichnet.
Bei ihrem Einsatz ging es darum, zwei Spanier und einen Rumänen im Annapurna- Himal-Gebirge (Nepal) auf knapp 7‘000 Metern vor dem sicheren Tod zu retten. Wie Zermatt Tourismus mitteilt, handelte es sich dabei um die höchste je ausgeführte Bergrettung. Der eingesetzte Helikopter „Ecureuil B3“ kann bis maximal 7‘000 Meter über dem Meeresspiegel fliegen – auf 6‘950 Meter fand die Bergung der drei von dem 8‘091 Meter hohen Annapurna absteigenden Männer statt. Sie waren schwer verletzt, komplett erschöpft, litten an Höhenkrankheit und wiesen Erfrierungen auf. Aufdenblatten und Lehner weilten im April 2010 für eine Rettungsschulung in Nepal. Sie erhielten einen Notruf und brauchten u.a. wegen Sauerstoffmangels und schlechten Wetters drei Anläufe, um zur Unglücksstelle zu gelangen. Bis anhin galten Helikopterrettungen in solchen Höhen als unmöglich. „Wir waren einfach zum richtigen Zeitpunkt vor Ort und machten, was zu tun war“, sagt Aufdenblatten im Nachhinein bescheiden.

Sie sagen dies nicht, um damit eine Souveränität und Stärke zu demonstrieren oder um diese durchaus fragwürdigen Nervenkitzel und Selbstbestätigungen in Form von Besteigungen des Annapurna (seit 1950 verliert dort mehr als jeder vierte Bergsteiger sein Leben!) gutzuheissen. Sie wollten einzig und allein – ohne gross herauszukommen, ihren Mitmenschen helfen, die sich in einer gefährlichen Situation überschätzt hatten.

Eine ähnliche Geschichte dürfen wir kürzlich aus dem Nahen Osten vernehmen: Die israelische Armee hat am 16. März 2011 zusammen mit Notärzten einer palästinensischen Frau und ihrem Neugeborenen das Leben gerettet. In der Siedlung Itmar, wo fünf Juden von Palästinensern brutal erstochen wurden, brachten jüdische Ärzte ein paar Tage später ein palästinensisches Mädchen zur Welt. Gerade als der neue Generalstabschef Benny Gantz in der naheliegenden Ortschaft Neve Tzuf ankam, um sein Beileid für die brutalen Morde auszusprechen, raste ein palästinensisches Taxi zum Eingang der Gemeinde. Darin war eine junge Frau, die in den Wehen lag. Die Nabelschnur des Babys hatte seinen Hals umschnürt und die Situation war für Kind und Mutter lebensbedrohlich. Die sofortige Hilfe der Soldaten und Ärzte vor Ort rettete beiden das Leben. Unteroffizier Haim Levin, Sanitäter in der Armee: „Als wir dort ankamen, waren der Kopf und der Oberkörper des Babys schon zu sehen, aber durch die Nabelschnur war das Baby grau-blau angelaufen und bewegte sich nicht.“ Die israelischen Rettungskräfte hatten nach dem vorangegangenen Mehrfachmord Feuerwerke über den nahe gelegenen palästinensischen Ortschaften beobachtet. Sie sagten, sie würden jedem Menschen, egal welcher Herkunft, jederzeit helfen.

Es ist keineswegs zwingend, dass jüdische Soldaten und Ärzte, welche ja regelmässig Opfer palästinensischer Attentate werden und in weltweiter Dauerkritik und Dauerbedrohung stehen, ihren eigenen Bedrohern eine solche Hilfe entgegenbringen, wie dies eben in Israel geschehen ist. Was ist der Antrieb zu solchen Handlungen? In beiden Fällen – Israel und Air Zermatt – haben Menschen die Wahrheit erkannt. Sie haben verstanden, was das wirklich Wertvolle und Zukunftssichernde auf dieser Erde ist. Sie haben erkannt, dass gewisses Verhalten von uns schwachen Menschen sehr wohl kritisiert oder gar verabscheut werden darf, dass aber jede dahinterstehende Person, egal welcher Herkunft, gerade WEGEN ihrer Schwachheit jederzeit Liebe, Unterstützung und Hilfe erfahren sollte. Eine Lebensaufgabe, die uns alle betrifft – auch wenn uns das immer wieder schwer fällt.

R.W.