Die Schweizer Bischofskonferenz sollte genauer prüfen, welche Journalisten in ihrem Auftrag die Welt erklären.

Von Dominik Lusser 

Die Schweizer Bischofskonferenz unterstützt das Schiff Sea-Watch4, das Migranten aus dem Mittelmeer rettet, mit 10’000 Franken. Kritiker sehen darin eine Förderung der illegalen Immigration nach Europa. Am 13. August hat das offizielle katholische Nachrichtenportal kath.ch ein Interview mit dem Crew-Mitglied Jakob Frühmann publiziert, und dazu ein Bild, auf dem dieser ein Antifa-T-Shirt zu tragen scheint. Wie Raphael Rauch, Redaktionsleiter von kath.ch, nach heftigen Reaktionen in den sozialen Medien inzwischen herausfand und klarstellte, handelt es sich aber auf dem T-Shirt – trotz grosser Ähnlichkeit – nicht um das Logo der Antifa, sondern des befreiungstheologischen Netzwerkes „Antifaschistische Kirchen“.

Damit scheint für Rauch das Problem vom Tisch zu sein. Dass das befreiungstheologische Netzwerk bewusst die Nähe zur Antifa sucht, ist für Rauch kein Problem. Ebenso wenig die Tatsache, dass der deutsche Verfassungsschutz gegenwärtig mindestens 47 Antifa Gruppen als extremistisch bzw. gewaltbereit einstuft. Jakob Frühmann sei ja schliesslich, so Rauch, „nicht Deutscher, sondern Österreicher“. Dort träfe das pauschale Urteil über die Antifa nicht zu. Die Bewegung sei divers und umfasse „ebenso Pazifisten wie Steinewerfer vom Schwarzen Block“. Rauchs Rechtfertigung für das so oder so umstrittene T-Shirt endet nicht – wie man es vom Leiter eines christlichen Mediums erwarten dürfte – in einer klaren Distanzierung von der Antifa, sondern mit Relativierungen und unbegründeten Beschwichtigungen: „Sicher gibt es Überschneidungen (zwischen den Antifaschistischen Kirchen und der Antifa, Anm. Redaktion) – von ‚extremistisch und gewaltbereit‘ kann freilich nicht die Rede sein.“

Woher Rauch dies mit solcher Bestimmtheit weiss, bleibt sein Geheimnis. Eines ist jedenfalls klar: Wer durch sein Auftreten bewusst Assoziationen hervorruft zu gewaltbereiten Linken und zum Schwarzen Block, dessen Verhältnis zu Gewalt und Extremismus darf und muss näher unter die Lupe genommen werden.

„Die Kirche ist ja selbst auch gewalttätig“

Und siehe da. Der Deutschlandfunk hat 2018 unter dem Titel „Die christliche Antifa“ die Befreiungstheologische Gruppe Berlin, die sich den Antifaschistischen Kirchen zurechnet, befragt. Mitglieder, die gegenüber dem Radio anonym bleiben wollten, erklärten: „Durch das Logo wurde uns oft Gewaltbereitschaft vorgeworfen. Ist natürlich immer schwierig: Kirche ist ja selber auch gewalttätig. Vielleicht nicht offen und vielleicht nicht tätlich, aber mit ihren Strukturen ist das ja genauso eine Gewaltanwendung.“ Das klingt stark nach der altbekannten Parole, mit der die Antifa ihre Sachbeschädigungen und tätlichen Angriffe auf Polizisten legitimiert: Linke Gewalt ist Gegengewalt.

Ein Jahr zuvor hatte die TAZ die Berliner Gruppe zum G20-Gipfel in Hamburg befragt, bei dem 2017 31’000 Polizisten zum Schutz aufgeboten worden waren und es dennoch zu unzähligen Sachbeschädigungen, Plünderungen und Angriffen mit hunderten verletzten Polizeibeamten kam. Gruppenmitglied Astrid erklärte: „Befreiungstheologie bemüht sich darum, die Stimme der Ohnmächtigen zu erheben und gemeinsam Hoffnung auf eine gerechte Welt zu leben. Damit geht natürlich eine Kritik an die Mächtigen einher, wenn diese mit Beschlüssen und Abkommen zu mehr Ungerechtigkeit beitragen und sowieso schon Benachteiligte weiter klein halten.“ Zu den Ausschreitungen in Hamburg wollte Astrid und ihre Mitstreiter laut der TAZ allerdings nichts sagen. Auch dies eine verpasste Gelegenheit, der Gewaltanwendung eine klare Absage zu erteilen.

Wessen Geist Söhne und Töchter die Mitglieder der „christlichen Antifa“ sind, zeigt auch ein Besuch auf deren Homepage www.befreiungstheologisches-netzwerk.de. Dort fällt einem die geballte Faust des Radikalfeminismus entgegen und der Glaube an die Auferstehung scheint – ganz im Sinne von Karl Marx – mit einem innerweltlichen Aufstand verwechselt zu werden.

Dass man bei kath.ch Abgrenzungsschwierigkeiten hat gegenüber der radikalen Linken und diese gerne verteidigt, zeigen auch Facebook-Kommentare zu einem Zeitpunkt, als Rauchs Recherchen über das „Antifa…“-T-Shirt noch ausstanden: „Ich denke, Sie überschätzen die Bedeutung eines Kleidungsstücks. Und Sie unterstellen der Antifa Gewaltbereitschaft“, bekam ein kritischer User von der kath.ch-Redaktion zur Antwort.

Gewalt gegen ungeborene Kinder

Um seine Reputation nicht weiter zu schädigen, würde dem Katholischen Medienzentrum eine unmissverständliche Distanzierung von linksradikalen Gruppierungen und Positionen gut anstehen. Gründe dafür gibt es zuhauf, z.B. Rauchs wiederholte Seitenhiebe gegen die von Linksradikalen immer wieder tätlich angegriffene christliche Lebensrechtsbewegung. Rauchs Verhältnis zur Gewaltanwendung gegen ungeborene Kinder – auch dies eine politische Erfindung der Kommunisten – ist derweil unmissverständlich positiv, wie Berichte fürs Schweizer Radio SRF (z.B. „In Liechtenstein gehört der Mutterbauch dem Fürsten“) zeigen, von wo er im Frühjahr 2020 zu kath.ch wechselte.

Rauchs Position in Sachen Abtreibung scheint lückenlos zu derjenigen der Antifaschistischen Kirchen zu passen, wie ein Bericht des linken Magazins Supernova über das Befreiungstheologische Netzwerk und dessen Gründer Lukas zeigt, der als „Pfarrer in Ausbildung und linksradikal“ vorgestellt wird: „Einmal im Jahr marschieren tausende Abtreibungsgegner*innen durch Berlin, um gegen den vermeintlichen Mord am ungeborenen Leben zu demonstrieren. Nora, Josephine und Lukas sind auch immer dabei – jedoch auf der Gegenseite.“

Die Schweizer Bischofskonferenz täte also gut daran, künftig nicht nur genauer zu prüfen, welche Personen als Aushängeschilder der von ihr mitfanzierten Projekte auftreten, sondern auch, welche Journalisten in ihrem Auftrag die Welt erklären.