Der Islamunterricht an öffentlichen Schulen ist ein relativ neues Phänomen in vielen westlichen Ländern. Immer mehr Länder bieten in den letzten Jahren diesen Unterricht an in der Hoffnung, damit die Radikalisierung der muslimischen Schüler zu bekämpfen. Doch die Realität in den Schulen zeigt anderes.

Von M. Hikmat

In der Schweiz kommt eine Untersuchung mit dem Titel „Religiöse Diversität, interreligiöse Perspektiven und islamischer Religionsunterricht in der Schweiz : Bestandsaufnahme und Gestaltungsspielräume“ der Universitäten Freiburg und Luzern zu dem fraglichen Schluss, dass der Islamunterricht einen wichtigen Beitrag zur Prävention von Radikalisierung leisten würde. Untersucht wurden verschiedene Modelle des Schulunterrichts zu Fragen der Religion in der Schweiz. Dabei führten die Forscher Experteninterviews mit Vertretern des konfessionellen islamischen sowie des staatlichen religionskundlichen Unterrichts durch.

Demnach wirke der islamische Religionsunterricht in Schulräumen integrativ, so die Meinung der Verfasser. Derzeit wird konfessioneller islamischer Religionsunterricht in acht Schulhäusern in vier Kantonen (Luzern, Zürich, Thurgau, Schaffhausen) erteilt, während es in der Westschweiz nur religionskundlichen Unterricht in staatlicher Verantwortung gibt. So werden der Ausbau von islamischem Religionsunterricht und die Nutzung rechtlicher Spielräume empfohlen. Die Untersuchung wurde im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus vom Bundesamt für Polizei (Fedpol) gefördert.

Deutschland und Österreich als Beispiele?

Mehrmals in der Untersuchung werden Deutschland und Österreich als Modelle dargestellt. Es lohnt sich also ein Blick auf die beiden Länder mit der Frage: Hat der Islamunterricht dort gegen die Radikalisierung geholfen? Und es zeigt sich: Weder der Islamunterricht noch die Imam-Ausbildung haben die Probleme der Integration von jungen Muslimen in Europa gelöst. Die Radikalisierung nimmt weiter zu.

Die bittere Realität

Ein offener Punkt ist beispielsweise die Relativierung von problematischen Koranversen im Islamunterricht an öffentlichen Schulen. Dies ist ein grosses Thema, welches bei der Diskussion über den Islamunterricht jedoch weitgehend ignoriert wird. Es geht dabei um die Frage, wie muslimische Lehrer mit Passagen im Koran umgehen, die gewaltverherrlichend oder frauenfeindlich sind. Begriffe wie Dschihad oder Praktiken wie Kinderehe und Polygamie werden dabei relativiert oder uminterpretiert. In der Theorie und in der Politik propagieren Islamunterrichtförderer, dass der Unterricht ein Verständnis für die Religion des Islam und ihre Praktiken vermitteln und ein Bewusstsein für eine kulturelle Vielfalt schaffen soll. Dass dies in der Praxis jedoch anders aussieht, zeigt der Blick in die Lehrpläne des Islamunterrichts. Was bleibt, ist das dumpfe Gefühl, dass sich hier ein unterschätztes Problem an den Schulen aufbaut.

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