Immer wieder war in den letzten Monaten in Deutschland die Rede von einer möglichen Modernisierung des Islam. Die jüngste Entscheidung der grössten Islamverbände in Deutschland lässt nun aber doch Zweifel an einer möglichen Modernisierung aufkommen.
Wie der Kölner Stadt-Anzeiger vom 5. September 2008 berichtet, hat der Koordinierungsrat der vier grössten islamischen Organisationen in Deutschland seine Mitarbeit im Beirat des Centrums für Religiöse Studien an der Universität Münster beendet. Der achtköpfige Beirat des Centrums war laut Universität gegründet worden, um den Austausch mit Vertretern orthodoxer, islamischer und jüdischer Kirchen, Gemeinschaften und Verbände zu fördern. Nun würden am Lehrstuhl aber Grundlagen des Islam in Zweifel gezogen, hiess es vonseiten der Muslime.

Der Grund für die Aufkündigung der Mitarbeit seien „erhebliche Diskrepanzen“, teilte der Koordinationsrat mit und meinte damit konkret den Leiter des Centrums Prof. Muhammad Kalisch, der zugleich der erste Lehrstuhlinhaber für Religion des Islams in Deutschland ist. In einer Mitteilung erklärte der Koordinierungsrat, dass es um Meinungsverschiedenheiten gehe, die zwischen den Grundsätzen der islamischen Lehre und den veröffentlichen Positionen Kalischs gehe. „Kalisch bezweifelt grundsätzliche Lehren des Islam in so einer krassen Weise, dass man dem nicht mehr folgen kann“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), Ayyub Axel Köhler in Köln. So ziehe Kalisch etwa die Existenz des Propheten Mohammed und die Grundlagen der Entstehung des Korans in Zweifel.

Kalisch bedaure die die Entscheidung der muslimischen Verbände, nun die Mitarbeit im Beirat des Centrums für Religiöse Studien an der Universität Münster zu beenden, zitiert der Kölner Stadt-Anzeiger eine Mitteilung der Universität Münster. „Es geht an einer Universität weder um die Vermittlung von Glaubensinhalten, noch darum, die Ansichten eines Professors als richtig zu erachten. Die Aufgabe einer Universität besteht vielmehr in unabhängiger, ergebnisoffener Forschung.“ Studenten sollten zu eigener kritischer Reflexion und zu geistiger Unabhängigkeit befähigt werden. Die Herausforderung für den Islam in der Gegenwart bestehe darin, sich mit modernen historisch-kritischen Methoden auseinander zu setzen, sagte Kalisch weiter. „Es ist schade, dass sich die islamischen Verbände dieser Herausforderung nicht stellen wollen.“

Auch die Rektorin der Universität, Prof. Ursula Nelles, bedauerte den Ausstieg der Muslime aus dem Beirat. Dies solle aber keine Auswirkungen auf die Arbeit des Centrums haben.