Der „Islamische Staat“ ist kein einsamer Wolf. Vielmehr bildet er die Spitze der islamistischen Pyramide. Extreme, die sich bisher nicht rekrutieren liessen, ziehen in den Dschihad. In diesem versuchen die Radikalen Tatsachen zu schaffen – zum Beispiel das Ausradieren der Wiege der Christenheit.
Das Regime des «Islamischen Staats» (IS, früher ISIS) steht an der Spitze der Pyramide des islamischen Extremismus. Zu diesem Ergebnis kommt Lorenzo Vidino, leitender Wissenschaftler am „Center for Security Studies“, in seinem jüngsten von „Open Doors“ in Auftrag gegebenen Islamismus-Bericht.

„Salafisten und Hizb ut-Tahrir (anm. panislamische Bewegung die ein weltweites Kalifat fordert) lehnen jegliche Regierungssysteme ab, die nicht mit den islamischen Gesetzen übereinstimmen.“ Darunter fällt beispielsweise das saudische wie auch das jordanische Königshaus. Sockel der islamistischen Pyramide bilden unter anderem „die Muslimbruderschaft, Anhänger des politischen Islam in Europa und weitere islamistische Bewegungen.“ Viele würden in Europa clever und flexibel agieren und unnötige Konfrontationen mit der Gesellschaft vermeiden und teilweise an demokratischen Prozessen teilnehmen.

IS ist integraler Bestandteil
Seit der Ausrufung des Kalifats ist die Zahl ausländischer Dschihadisten beträchtlich gewachsen. Der Erfolg liegt unter anderem darin, dass der Islamische Staat eine Brücke zu extremen Gruppierungen und Einzelpersonen bildet, die sich bisher nicht aktiv für den Dschihad rekrutieren liessen. Was IS zudem gefährlich macht, ist, dass diese Bewegung kein einsamer Wolf ist, sondern integraler Bestandteil des islamistischen Spektrums.

Die Scharia wird mit exzessiver Gewalt durchgesetzt, Zuwiderhandlung wird im schlimmsten Fall mit öffentlicher Hinrichtung vergolten. Christen müssen die koranische Kopfsteuer-Steuer zahlen oder gehen. Auf Menschen, die vom Islam wegkonvertiert waren, wartet der Tod, sofern der Glaubenswechsel bekannt wird. Sämtlicher Bevölkerung ist erheblicher Druck auferlegt.

Wo der Islamische Staat an Macht gewinnt, werden Christen teilweise komplett vertrieben, so etwa aus Mosul, wo bis zum IS-Einmarsch 35’000 Christen lebten. Heute ist das Christentum in Mosul nahezu ausradiert. Vor kurzem verliessen die letzten Christen der Stadt Bartella (nördlich von Mosul) ihre Heimat. Gleich hat sich nun die Lage in der bis vor kurzem christlich geprägten Stadt Karakosh entwickelt. Zehntausende Christen sind nun – ähnlich wie andere Minderheiten, zum Beispiel die Jesiden – intern vertrieben. Manche sind im kurdischen Gebiet in den Städten Erbil und Dohuk untergekommen.

Viele konnten nur die Kleider mitnehmen, die sie am Leibe trugen. Und die Angst. Kinder schrien: „IS kommt. IS kommt.“ Die Furcht basiert auf der Realität. Selbst in historisch christlichen Gebieten erhalten die Einwohner drei Optionen: Zum Islam konvertieren, die koranische Kopfsteuer-Steuer zahlen oder das Schwert.

Gezeigt hat sich zudem, dass Dschihadisten aus dem Westen sich nach ihrer Rückkehr gegen Christen, Juden und den Westen allgemein wenden. Insbesondere durch den Attentäter, der im jüdischen Museum in Brüssel am 24. Mai vier Menschen ermordete.

25 Prozent der syrischen Christen weg

Ähnlich wie im Irak wächst in Syrien der Exodus der Christen. Rund 450’000 ist seit dem Ausbruch des Krieges im Jahr 2011 aus Syrien geflohen. Ursprünglich zählten sich rund acht Prozent der Syrer, also 1,8 Millionen Menschen, zum christlichen Glauben.

Inmitten von Chaos, Angst und Gefahr gibt es winzige Zeichen der Hoffnung. Konfrontiert mit der wachsenden Anzahl von Flüchtlingen bieten Kirchenleiter in Klöstern und Gotteshäusern einen Unterschlupf. Auch inspirieren sie ihre Mitmenschen zur Hilfe. Zudem werden in Zeltlagern kinderfreundliche Zonen eingerichtet, damit die jüngsten Flüchtlinge das sein können, was sie sind: Kinder.

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Open Doors