Im Iran sind Nasser Navard Gol-Tapeh (61) und Fariba Dalir (51), beides Christen, überraschend aus der Haft entlassen worden. Die ehemaligen Muslime waren zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden, die sie im Teheraner Evin-Gefängnis verbüssten. Ob ihre vorzeitige Entlassung mit dem jüngsten Brand in dem Gefängnis oder mit den derzeitigen Protesten gegen das Regime in Verbindung steht, ist unklar, schreibt Open Doors (OD) Deutschland in einer Medienmitteilung vom 21. Oktober 2022.

Nasser Navard Gol-Tapeh war 2017 zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, nachdem ein Gericht ihn und drei weitere Angeklagte in mehreren Punkten schuldig gesprochen hatte. Dazu zählten laut OD unter anderem „Gefährdung der Nationalen Sicherheit“, „missionarische Aktivitäten“ und „zionistisches Christentum“. Danach sei er für fünf Jahre in Haft gesessen, bis ihm am Morgen des 17. Oktober mitgeteilt wurde, dass er begnadigt worden sei, schreibt OD. Mittlerweile sei er wieder bei sich zu Hause.

Während seiner fast 2000 Tage im Gefängnis habe Nasser mehrere Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf Bewährung gestellt und zahlreiche offene Briefe geschrieben, in denen er u.a. gefragt habe, inwiefern die Mitgliedschaft in einer Hauskirche die nationale Sicherheit gefährde, berichtet das Hilfswerk. All seine Bitten seien zunächst wirkungslos geblieben.

Weiterhin zehn Christen im Evin-Gefängnis

Am 18. Oktober erhielt auch Fariba Dalir die freudige Nachricht von ihrer vorzeitigen Entlassung. Sie war erstmalig im Juli letzten Jahres verhaftet worden und befand sich seit Karsamstag 2022 im Evin-Gefängnis. Ein Gericht hatte sie wegen „Handelns gegen die nationale Sicherheit durch Gründung und Leitung einer evangelischen christlichen Kirche“ zu zwei Jahren Haft verurteilt. Von ihren über 200 Tagen in Haft verbrachte sie laut OD mehr als einen Monat in Einzelhaft.

Unterdessen befinden sich mindestens zehn Christen weiterhin im Evin-Gefängnis, schreibt Open Doors. Dort war es am 15. Oktober zu einem verheerenden Brand gekommen, bei dem offiziellen Quellen zufolge acht Menschen ums Leben kamen. Nach Angaben von Article 18, einer Organisation, die sich zum Schutz und zur Förderung der Religionsfreiheit im Iran einsetzt, hatte das staatliche Fernsehen sogar zunächst von 40 Opfern berichtet, diese Zahl aber schnell zurückgezogen.

Schlimme Nacht für Angehörige während Gefängnisbrand

Ein Familienmitglied eines inhaftierten Christen sagte gegenüber Article 18: „Es war eine höllische Nacht für uns. Wir waren völlig im Unklaren darüber, was geschah. Als wir endlich miteinander sprechen konnten, hörten wir Schüsse, und dann wurde die Verbindung unterbrochen. Wir weinten bis zum Morgen.“ Rund um das Gefängnis spielten sich währenddessen chaotische Szenen ab, da wegen des Todes der jungen Kurdin Mahsa Amini zahlreiche Menschen auf den Strassen protestierten.

Auf dem Weltverfolgungsindex 2022 der Menschenrechtsorganisation Open Doors belegt der Iran den neunten Platz unter den Ländern, in denen Christen am stärksten wegen ihres Glaubens verfolgt werden: www.opendoors.ch

Quelle: Open Doors/APD