Am 24. März 2012 durften Thomas und Irene Widmer-Huber für die „Diakonischen Hausgemeinschaften Riehen“ den mit 2‘000 Euro dotierten deutschen „Christlichen Gesundheitspreis“ entgegennehmen. Die beiden Initianten und langjährigen Gemeinschaftsleiter setzten sich mit dem Schweizer Projekt gegen 20 Mitbewerber aus Deutschland durch. M. Hikmat von Zukunft CH sprach mit Pfr. Thomas Widmer- Huber über das innovative Wohnmodell.
Zukunft CH: Was macht die Diakonischen Hausgemeinschaften Riehen besonders?
Widmer: In unseren neun Gemeinschaften mit in der Mehrzahl „gesunden“ Menschen wollen wir einen heilsamen Lebensraum schaffen. Als Ehepaare, Singles und Familien leben wir gemeinschaftlich, richten uns auf Christus und sein Wort aus und integrieren dabei einzelne Menschen mit psychischen Leiden. Bei vier Gemeinschaften sind die Leitenden beim Verein „Offene Tür“ teilzeitlich angestellt, bei fünf Gemeinschaften ist das Leiterehepaar freiwillig diakonisch tätig. Das Besondere ist, dass Menschen mit psychischen Leiden nicht allein oder in einem Heim unter ihresgleichen leben, sondern integriert in tragfähigen christlichen Gemeinschaften.
Zukunft CH: Welchen Beitrag können Sie zu einem Heilungsprozess leisten?
Widmer: Das gemeinsame Unterwegssein, das Teilen von Freud und Leid im Alltag, das Geben und Empfangen und nicht zuletzt das Erleben der Gegenwart des auferstandenen Christus hat für alle eine heilsame Dimension. Und für Menschen mit seelischen Leiden bedeutet die Integration in diese Lebensform, dass sie nicht nur Hilfsempfänger sind, sondern sich aktiv in die Entwicklung der Gemeinschaft einbringen können. Dieses Umfeld stärkt ihr Selbstvertrauen und fördert die berufliche Integration.
Zukunft CH: Könnte das ein Modell der Zukunft sein, auch über die Schweiz hinaus?
Widmer: Der gemeinschaftliche Lebensstil ist generell ein Thema mit Zukunft! Die Riehener Hausgemeinschaften, in welchen in sechs Gemeinschaftshäusern über 80 Personen miteinander unterwegs sind, haben einen diakonischen Schwerpunkt. Auch bei anderen Modellen hat das gemeinsame Leben eine enorme Kraft und birgt viele Chancen in sich: Ehepaare, Singles und Familien können einander im Alltag gegenseitig unterstützen und darüber hinaus Projekte starten, die sonst nicht möglich wären. In den letzten Jahrzehnten hatten wir eine starke Zunahme der Ein-Personen-Haushalte, eine Individualisierung, teilweise verbunden mit Beziehungsarmut und Einsamkeit. Gleichzeitig wächst das Interesse an gemeinschaftlichen Wohnmodellen. Ehepaare, Familien mit kleinen Kindern, Singles unterschiedlichen Alters und unter anderen auch Ehepaare – wenn die Kinder am Ausziehen sind – fragen sich, in welcher Wohnform sie künftig leben wollen. Auch Generationenhäuser werden zum Thema. Unsere Hoffnung ist, dass sich Christen in Gemeinden und Werken neu vom Geist der Urgemeinde in Jerusalem inspirieren lassen. Gründung von neuen Wohnmodellen fördern wir seit Jahren mit der „Fachstelle Gemeinschaftliches Leben“ – durch Beratungen, Seminare und Publikationen. Gemeinschaftliches Leben ist ein Thema mit Zukunft.
Zukunft CH: Wie könnte man die Zusammenarbeit von Kirchen und christlichen Gemeinschaften mit Gesundheitseinrichtungen verbessern?
Widmer: Indem Verantwortliche in Kirchen und christliche Gemeinschaften neue Wege suchen, wie sie sich konstruktiv einbringen können. Dazu gehört auch die Entscheidung von jungen Christen für eine Ausbildung im Gesundheitswesen oder auch der berufliche Umstieg in diese an Bedeutung zunehmende Branche. Und last but not least: Christen waren seit jeher innovativ und haben im Lauf der Jahrhunderte Spitäler und zahlreiche diakonische Einrichtungen gegründet, welche in der Zwischenzeit zum Teil vom Staat oder anderen Trägerschaften übernommen wurden. Christen können sich von diesem Pioniergeist inspirieren lassen und neue Gesundheitseinrichtungen gründen, in bestehenden Institutionen die Leitung übernehmen oder gar die Trägerschaft übernehmen, wie es aus jüngster Zeit aktuelle Beispiele gibt.
Mehr Infos: www.offenetuer.ch, www.moosrain.net
Interview mit Pfr. Thomas Widmer-Huber, Initiant der „Diakonischen Hausgemeinschaften Riehen“